Aktuelles
Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 04/2024:
Für alle Steuerpflichtigen
- Verlustvortrag bei Witweneinkommen nicht zu berücksichtigen
- Fotovoltaikanlagen und die Grunderwerbsteuer
- Doch keine Besteuerung teilentgeltlicher Grundstücksübertragungen im Privatvermögen?
- Steuertipps für Existenzgründer
- Vorlage an das Bundesverfassungsgericht: Sind Aussetzungszinsen von 6 % p. a. verfassungswidrig?
- Steuerbescheide: Weiterhin keine Bekanntgabe an Samstagen, aber neue Viertagesfiktion!
- Gesetzgebung: Jahressteuergesetz 2024, Steuerfortentwicklungsgesetz & Co.
- Außergewöhnliche Belastungen: Zivilprozesskosten abzugsfähig, wenn Verlust der Existenzgrundlage droht
Für Vermieter
- Instandhaltungsrücklage: Bundesfinanzhof muss Zeitpunkt des Werbungskostenabzugs klären
- Steuerfalle: Anteilige Immobilien-Schenkung ohne anteilige Übertragung des Finanzierungsdarlehens
Für Kapitalanleger
- Fremdwährungskonten: Neue Meldepflichten der Banken bringen Anleger ggf. unter Zugzwang
- Termingeschäfte: Beschränkung der Verlustverrechnung verfassungsrechtlich bedenklich
Für Unternehmer
- Milchersatzprodukte: Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz
- Häusliches Arbeitszimmer: Abzugsfähige Betriebsausgaben nur bei Erfüllung der Aufzeichnungspflichten
- Höhere Freigrenze bei Geschenken gilt auch bei der Umsatzsteuer
- Gewerbesteuer: Gewächshausbau und Pflanzenzucht keine eigenständigen Betriebe
- Elektronische Kassensysteme: Meldepflicht startet ab 1.1.2025
- Richtsatzsammlung 2023 und Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben 2024
- Inventur am 31.12.: Das muss nicht sein
- Die neue Wirtschafts-Identifikationsnummer
- Partnerschaftsgesellschaft muss im Titel keinen Namen eines Partners mehr führen
- Bestandskräftige Bescheide: Korrektur wegen Art und Weise der Aufzeichnungen
Für GmbH-Gesellschafter
- Inkongruente Gewinnausschüttungen: Finanzverwaltung folgt nun dem Bundesfinanzhof
- Fremd-Geschäftsführer in der GmbH seiner Ehefrau ist sozialversicherungspflichtig
Für Arbeitgeber
- Freie Unterkunft und Verpflegung: Voraussichtliche Sachbezugswerte für 2025
- Rechengrößen in der Sozialversicherung: Geplante Werte für 2025
- Sozialversicherung: Kein Rabattfreibetrag für Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften
- Keine Pauschalierung der Lohnsteuer bei geringfügig beschäftigtem Alleingesellschafter-Geschäftsführer
- Gesamtübersicht über die Kaufkraftzuschläge
- Inflationsausgleichsprämie muss nicht allen Arbeitnehmern ausgezahlt werden
Für Arbeitnehmer
Wichtige Daten und Termine
Für alle Steuerpflichtigen
Verlustvortrag bei Witweneinkommen nicht zu berücksichtigen
| Ein steuerlicher Verlustvortrag bleibt bei der Bestimmung des auf eine Witwenrente anzurechnenden Arbeitseinkommens unberücksichtigt. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. |
Bei der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten ist ein Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes nicht einzubeziehen. Das Bundessozialgericht hält damit an seiner bisherigen Auffassung auch unter Geltung des zum 1.1.2002 eingeführten § 18a Abs. 2a Sozialgesetzbuch IV fest.
Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass für die Einkommensanrechnung grundsätzlich alle Arten von Arbeitseinkommen berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung eines steuerlichen Verlustvortrags entspricht dem Sinn und Zweck der Hinterbliebenenversorgung. Diese dient als Ersatz des Unterhalts, der aufgrund des Todes des Versicherten nicht mehr geleistet wird. Eigenes Einkommen des Hinterbliebenen wird in einem bestimmten Umfang angerechnet, weil der Hinterbliebene sich dadurch ganz oder zumindest teilweise selbst unterhalten kann. Abzustellen ist dabei auf das verfügbare Einkommen.
Beachten Sie | Dass ein Hinterbliebener berechtigt ist, seine Einkommensteuerpflicht im Veranlagungszeitraum zu mindern, indem er negative Einkünfte aus im Einzelfall weit zurückliegenden früheren Veranlagungszeiträumen in Abzug bringt, sagt nichts über seine aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus.
Quelle | BSG-Urteil vom 22.2.2024, Az. B 5 R 3/23 R; BSG, PM Nr. 7/24 vom 22.2.2024
Fotovoltaikanlagen und die Grunderwerbsteuer
| Bei einem Grundstücksverkauf ist Folgendes zu beachten: Soweit Fotovoltaikanlagen nur der Stromerzeugung für den Eigenbedarf dienen, sind sie ein Gebäudebestandteil. Der entsprechende Kaufpreisanteil gehört also zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Bei Fotovoltaikanlagen im Rahmen eines Gewerbebetriebs sieht das aber anders aus. Weitere Aspekte beantwortet das Bayerische Landesamt für Steuern unter www.iww.de/s11667. |
Doch keine Besteuerung teilentgeltlicher Grundstücksübertragungen im Privatvermögen?
| Wird ein Grundstück teilentgeltlich (z. B. im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge) innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist des § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) übertragen, führt dies nach bisheriger Sichtweise hinsichtlich des entgeltlichen Teils zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäft. Das Finanzgericht Niedersachsen meint aber, dass § 23 EStG bei einer teilentgeltlichen Übertragung unterhalb der historischen Anschaffungskosten keine Anwendung findet. |
Hintergrund: Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, unterliegen der Besteuerung im Sinne des § 23 EStG. Ausgenommen sind aber Wirtschaftsgüter, die
- im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder
- im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative) genutzt wurden.
Bisherige Rechtslage
Bei teilentgeltlicher Übertragung kann sich ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft hinsichtlich des entgeltlichen Teils ergeben. Hier ist nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums die Trennungstheorie anzuwenden.
Beispiel |
V ist Eigentümer eines unbebauten Grundstücks, das er zum 1.8.2018 für 100.000 EUR angeschafft hat. Er überträgt das Grundstück im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge zum 1.1.2024 auf seinen Sohn S, der das Grundstück bebauen will. Das Grundstück hat zum Übertragungszeitpunkt einen Verkehrswert von 180.000 EUR. Entsprechend muss S seine Schwester mit 90.000 EUR auszahlen.
V hat das Grundstück innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 23 EStG hinsichtlich des Gleichstellungsbetrags teilentgeltlich (zu ½) an S veräußert und erzielt in diesem Umfang einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn. Dieser beträgt 40.000 EUR (90.000 EUR Teilentgelt abzüglich der hälftigen Anschaffungskosten von 50.000 EUR). Der unentgeltlich übertragene Teil löst bei V keine Steuerpflicht aus. Allerdings gehen die Besteuerungsmerkmale (Anschaffung am 1.8.2018 zu 50.000 EUR) auf S als unentgeltlichen Rechtsnachfolger über. |
Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen
Das Finanzgericht Niedersachsen hat es nun in einem vergleichbaren Fall abgelehnt, die teilentgeltliche Grundstücksübertragung der Besteuerung nach § 23 EStG zu unterwerfen. Das Finanzgericht verweist hierzu u. a. auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach die gänzlich unentgeltliche Übertragung einer Immobilie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge nicht den Tatbestand des § 23 EStG erfüllt und zwar selbst dann, wenn die auf diese Weise begünstigten Kinder die Immobilie alsbald weiterveräußern.
Das Finanzgericht kommt nun zu dem Ergebnis, dass auch die teilentgeltliche Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge aus dem Tatbestand des § 23 EStG ausscheidet.
Bei einer teilentgeltlichen Grundstücksübertragung realisiert der Schenker keinen tatsächlichen Wertzuwachs. Ein nach § 23 EStG zu besteuernder Gewinn kann nicht entstehen, da der Ertragsteuer keine Vermögensverschiebungen im Privatvermögen unterliegen. Ein Wertzuwachs erfolgt nur beim Beschenkten, der damit den Regularien des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (unter Berücksichtigung etwaiger Freibeträge) unterliegt.
MERKE | Die Finanzverwaltung hat gegen die Entscheidung die Revision eingelegt. Man darf gespannt sein, wie die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ausfallen wird. In geeigneten Fällen sollten Steuerpflichtige ihre Steuerbescheide im Einspruchsweg offenhalten und auf die gesetzliche Verfahrensruhe verweisen. |
Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 29.5.2024, Az. 3 K 36/24, Rev. BFH: Az. IX R 17/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 243483; BMF-Schreiben vom 26.2.2007, Az. IV C 2 – S 2230 – 46/06 IV C 3 – S 2190 – 18/06; BFH-Urteil vom 23.4.2021, Az. IX R 8/20
Steuertipps für Existenzgründer
| Bei der Unternehmensgründung gibt es viele (steuerliche) Dinge zu beachten. Eine aktuelle Broschüre des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern (Stand: Juni 2024) kann hier Hilfestellung leisten. Es werden insbesondere folgende Aspekte thematisiert: Wahl der Rechtsform, Steuerarten/-erklärungen, Buchführung, Aufzeichnungen und Gewinnermittlung sowie Pflichten als Arbeitgeber. Die Broschüre kann unter www.iww.de/s11558 als PDF-Datei heruntergeladen werden. |
Vorlage an das Bundesverfassungsgericht: Sind Aussetzungszinsen von 6 % p. a. verfassungswidrig?
| Für Aussetzungszinsen gilt ein gesetzlicher Zinssatz von 6 % p. a. (0,5 % pro Monat). Diese Höhe hält der Bundesfinanzhof für verfassungswidrig und hat daher das Bundesverfassungsgericht angerufen. |
Aussetzungszinsen
Ein Einspruch und eine Klage haben im Steuerrecht grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet: Der Steuerpflichtige muss die festgesetzte Steuer zunächst zahlen.
Beachten Sie | Auf Antrag soll aber eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für die betroffene Person eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese sogenannte Aussetzung der Vollziehung (AdV) ist in § 361 der Abgabenordnung (AO) geregelt.
Für den Steuerpflichtigen bedeutet das, dass er die Steuer zunächst nicht zahlen muss. Es droht aber eine Belastung mit Zinsen, wenn sein Rechtsmittel endgültig ohne Erfolg bleibt und er die Steuer „nachträglich“ zahlen muss. Er hat dann nämlich für die Dauer der AdV und in Höhe des ausgesetzten Steuerbetrags Zinsen i. H. von 0,5 % pro Monat (6 % p. a.) zu entrichten. Die Höhe dieser Aussetzungszinsen regelt § 237 i. V. mit 238 Abs. 1 S. 1 AO.
Nachzahlungs- und Erstattungszinsen
Es gibt aber auch andere Verzinsungstatbestände, z. B. für Steuererstattungen und Steuernachzahlungen. Hier war der Gesetzgeber infolge eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 8.7.2021 verpflichtet, den Zinssatz von 0,5 % pro Monat bzw. von 6 % p. a. anzupassen. Da sich der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts allerdings nicht auf die Aussetzungszinsen und andere Teilverzinsungstatbestände erstreckte, wurde der Gesetzgeber nur bei den Nachzahlungs- und Erstattungszinsen tätig. Hier beträgt der Zinssatz seit dem 1.1.2019 nunmehr lediglich 0,15 % pro Monat bzw. 1,8 % pro Jahr.
AdV-Zinsen: Bundesfinanzhof hält 6 % p. a. für verfassungswidrig
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist ein Zinssatz i. H. von 6 % p. a. für Aussetzungszinsen im Zeitraum vom 1.1.2019 bis zum 15.4.2021 mit dem Grundgesetz unvereinbar. Zumindest während einer anhaltenden strukturellen Niedrigzinsphase ist dieser Zinssatz der Höhe nach evident nicht (mehr) erforderlich, um den durch eine spätere Zahlung typischerweise erzielbaren Liquiditätsvorteil abzuschöpfen.
Zudem werden Steuerpflichtige, die AdV-Zinsen schulden und Steuerpflichtige, die Nachzahlungszinsen entrichten müssen, seit dem 1.1.2019 ungleich behandelt. Diese Zinssatzspreizung ist für den Bundesfinanzhof verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
Quelle | BFH, Beschluss vom 8.5.2024, Az. VIII R 9/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 243349; BFH, PM Nr. 34/24 vom 22.8.2024; BVerfG, Beschluss vom 8.7.2021, Az. 1 BvR 2237/14, Az. 1 BvR 2422/17
Steuerbescheide: Weiterhin keine Bekanntgabe an Samstagen, aber neue Viertagesfiktion!
| Durch das Postrechtsmodernisierungsgesetz wurden insbesondere die Laufzeitvorgaben für die Zustellung von Briefen verlängert. Folgerichtig erfolgte auch eine Anpassung der Vermutungsregelungen für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten (z. B. Steuerbescheiden). |
Hintergrund: Das Problem, „Recht zu haben, aber es nicht zu bekommen“, ergibt sich immer dann, wenn ein Steuerbescheid zu einer zu hohen Steuerfestsetzung führt, es jedoch versäumt wurde, innerhalb der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat Einspruch einzulegen. Für den fristgerechten Eingang beim Finanzamt kommt es darauf an, wann der Bescheid bekannt gegeben wurde und wann die Einspruchsfrist endet.
Um die Vermutungsregelungen für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten nach der Abgabenordnung an die verlängerten Laufzeitvorgaben anzupassen, wird aus der bisherigen Dreitages- eine Viertagesfiktion. Damit gelten Steuerbescheide und andere Verwaltungsakte künftig als am vierten Tag nach deren Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, statt wie bisher nach drei Tagen.
Unverändert bleibt: Fällt der vierte Tag auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, erfolgt die Bekanntgabe am nächstfolgenden Werktag. Die noch im Regierungsentwurf vorgesehene Bekanntgabe von Steuerbescheiden an Samstagen wurde nicht umgesetzt.
Beachten Sie | Die Neuregelung gilt für Verwaltungsakte, die nach dem 31.12.2024 übermittelt werden.
Beispiel |
Das Finanzamt versendet an den Steuerpflichtigen Max Meise in München einen Steuerbescheid. Es gibt den Brief am Dienstag, den 14.1.2025 zur Post. |
Bekanntgabezeitpunkt ist der 20.1.2025 (Montag), da der 18.1.2025 („vier Tage“) ein Samstag ist.
Ein Einspruch gegen den Steuerbescheid ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Die Einspruchsfrist endet demzufolge am 20.2.2025 um 24:00 Uhr. |
Beachten Sie | Auch ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten (ab 2025: vierten) Tag nach der Absendung als bekannt gegeben.
Die Bekanntgabefiktion gilt allerdings nicht, wenn der Verwaltungsakt tatsächlich später oder gar nicht zugegangen ist. Hier ist wie folgt zu unterscheiden:
- Bestreitet der Steuerpflichtige den Zugang, dann ist das Finanzamt regelmäßig nicht in der Lage, den Zugang nachzuweisen. Daher ist eine erneute (ordnungsgemäße) Bekanntgabe erforderlich.
- Behauptet der Steuerpflichtige einen späteren Zugang, dann muss er dies substanziiert darlegen bzw. nachweisen. Dabei stellt eine Abwesenheit wegen Urlaubs regelmäßig keine spätere Bekanntgabe dar.
Quelle | Postrechtsmodernisierungsgesetz, BGBl I 2024, Nr. 236; DStV, Mitteilung vom 13.6.2024
Gesetzgebung: Jahressteuergesetz 2024, Steuerfortentwicklungsgesetz & Co.
| Derzeit werfen mehrere Gesetzesvorhaben mit steuerlicher Breitenwirkung ihre Schatten voraus. Hinzuweisen ist dabei insbesondere auf das Jahressteuergesetz (JStG) 2024, das Steuerfortentwicklungsgesetz und das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024. |
Durch das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 sollen der Grundfreibetrag und auch der Kinderfreibetrag rückwirkend zum 1.1.2024 angehoben werden und zwar wie folgt:
- Grundfreibetrag von 11.604 EUR auf 11.784 EUR,
- Kinderfreibetrag von 6.384 EUR auf 6.612 EUR.
Beachten Sie | Die höheren Beträge sollen bei der Entgeltabrechnung für den Monat Dezember 2024 anzuwenden sein. Eine Rückrechnung der Monate Januar bis November soll nicht erforderlich sein. Die Finanzverwaltung wird hierzu gesonderte Programmablaufpläne veröffentlichen.
Steuerfortentwicklungsgesetz
Durch das Steuerfortentwicklungsgesetz sind weitere Erhöhungen des Grund- und Kinderfreibetrags für 2025 und 2026 vorgesehen.
Darüber hinaus soll das Kindergeld ab 2025 (von 250 EUR auf 255 EUR) angehoben und mit Wirkung ab 2026 geregelt werden, dass das Kindergeld regelmäßig entsprechend der prozentualen Entwicklung der Freibeträge für Kinder angepasst wird.
Zudem sieht das Steuerfortentwicklungsgesetz u. a. Folgendes vor:
- Abschaffung der Steuerklassenkombination III und V ab 2030. Es soll eine automatische Überführung in die Steuerklasse IV mit Faktor erfolgen.
- Fortführung der degressiven Abschreibung für im Zeitraum 2025 bis 2028 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wiederanhebung auf das Zweieinhalbfache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes, höchstens aber 25 %.
JStG 2024
Die von einer gesetzlichen Krankenkasse auf Basis von § 65a SGB V gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten kann eine die Sonderausgaben mindernde Beitragserstattung darstellen. Hierzu hat das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 16.12.2021 eine Vereinfachung geschaffen:
- Bonusleistungen bis zur Höhe von 150 EUR pro versicherte Person stellen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung dar und mindern die Sonderausgaben nicht.
Beachten Sie | Diese Regelung wurde ursprünglich bis Ende 2023 befristet und dann für bis zum 31.12.2024 geleistete Zahlungen verlängert (BMF-Schreiben vom 28.12.2023, Az. IV C 3 – S 2221/20/10012 :005). Die Vereinfachungsregelung soll nun gesetzlich verstetigt werden.
Umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung (vgl. § 19 Umsatzsteuergesetz): Hier sind zahlreiche Änderungen vorgesehen u. a. Erhöhung der Umsatzgrenzen von 22.000 EUR im vorangegangenen Jahr auf 25.000 EUR und im laufenden Jahr von 50.000 EUR auf 100.000 EUR (bei Überschreiten der 100.000 EUR: keine Kleinunternehmerregelung mehr ab diesem Zeitpunkt).
WICHTIG | Das Gesetzgebungsverfahren war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht abgeschlossen. Derzeit ist die jeweils erforderliche Zustimmung durch den Bundesrat für den 22.11.2024 vorgesehen.
Sofern der Bundesrat zustimmt, werden die finalen Gesetzesänderungen dann in der nächsten Ausgabe vorgestellt. Die jeweiligen Ausführungen hierzu können Sie bereits vorab (ab dem 2.12.2024) unter www.iww.de/s11690 lesen. |
Außergewöhnliche Belastungen: Zivilprozesskosten abzugsfähig, wenn Verlust der Existenzgrundlage droht
| Prozesskosten sind grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Eine gesetzliche Ausnahme gilt nur dann, wenn es sich um Aufwendungen handelt, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Über einen solchen Fall musste jüngst das Finanzgericht Niedersachsen entscheiden. |
Sachverhalt |
Im Streitfall ging es um die Frage, ob Prozesskosten im Zusammenhang mit der drohenden Rückabwicklung der unentgeltlichen Übertragung eines Forstbetriebs als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können.
Der Steuerpflichtige hatte 2015 u. a. einen Forstbetrieb gegen Altenteilleistungen übertragen bekommen. In der Folge beendete er seine Angestelltentätigkeit für den Betrieb und führte diesen als Selbstständiger fort. Im selben Jahr forderte die Übergeberin aber dann gerichtlich die Rückübertragung des Betriebs bzw. die Grundbuchberichtigung. Begründung: Sie sei bei der Übertragung demenzbedingt geschäftsunfähig gewesen. Hiergegen setzte sich der Steuerpflichtige vor den Zivilgerichten zur Wehr.
Die entstandenen Prozesskosten machte er als außergewöhnliche Belastungen geltend, was das Finanzamt ablehnte. Vor dem Finanzgericht Niedersachsen war er dann erfolgreich. |
Der Steuerpflichtige hat seine lebensnotwendigen Bedürfnisse ganz überwiegend aus den Erträgen des von der Rückübertragung bedrohten Forstbetriebs bestritten. Aus der maßgeblichen Sicht des Jahres der Inanspruchnahme wären ihm bei einer Rückübertragung übrige Einkünfte unterhalb des Grundfreibetrags verblieben. Die Berührung des steuerlichen Existenzminimums erfüllt den Tatbestand der Gefahr für die Existenzgrundlage.
Dem drohenden Verlust der Existenzgrundlage steht auch nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige bei einer Rückübertragung erneut eine Angestelltentätigkeit hätte aufnehmen können. Der Verlust der Existenzgrundlage erfordert keinen dauerhaften Verlust der materiellen Lebensgrundlage. Auch kann, so das Finanzgericht, dem Steuerpflichten nicht entgegengehalten werden, im Notfall die Leistungen der sozialen Sicherungssysteme in Anspruch nehmen zu können.
Beachten Sie | Die Finanzverwaltung hat gegen die Entscheidung die Revision eingelegt. Somit können geeignete Fälle über einen Einspruch vorerst offengehalten werden.
Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 15.5.2024, Az. 9 K 28/23, Rev. BFH: Az. VI R 22/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 243968
Für Vermieter
Instandhaltungsrücklage: Bundesfinanzhof muss Zeitpunkt des Werbungskostenabzugs klären
| Vermieten Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine Eigentumswohnung, müssen sie an die Hausverwaltung auch Zahlungen leisten, die diese der Instandhaltungs- bzw. Erhaltungsrücklage zuführt. Bis dato sind diese Zahlungen nicht zum Zahlungszeitpunkt als Werbungskosten zu berücksichtigen, sondern erst, wenn sie für Instandhaltungen verausgabt worden sind. Ob dies (immer noch) zutreffend ist, muss nun der Bundesfinanzhof klären. |
Seit dem 20.8.2024 ist beim Bundesfinanzhof ein Verfahren mit folgender Frage anhängig:
Anhängige Rechtsfrage |
Stellen Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrücklage) nach der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (BGBl I 2020, S. 2187) mit einhergehender Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits in diesem Zeitpunkt des Abflusses sofort abzugsfähige Werbungskosten dar, unabhängig von der späteren Mittelverwendung und der steuerlichen Einordnung? |
Beachten Sie | Die Vorinstanz, das Finanzgericht Nürnberg, hat das übrigens verneint.
Nach aktuellem Rechtsstand sind die Zahlungen erst dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie der Verwalter verausgabt hat. Dass die Beiträge zur Erhaltungsrücklage mit der Zahlung aus dem frei verfügbaren Vermögen abgeflossen sind, ändert daran nichts.
Beispiel |
A ist Vermieter einer Eigentumswohnung. Er hat an die Hausverwaltung ein monatliches Hausgeld von 200 EUR für laufende Kosten (z. B. Versicherungen, Gas und Wasser) und daneben weitere 125 EUR als Zuführung zur Erhaltungsrücklage zu zahlen.
Bisherige Lösung: Die monatlichen Zahlungen sind in Höhe von 200 EUR sofort als Werbungskosten abzugsfähig. In Höhe von 125 EUR ergeben sich allein durch die Einzahlung in die Erhaltungsrücklage (noch) keine Werbungskosten.
Angestrebte Lösung: Durch das Revisionsverfahren soll erreicht werden, dass auch die Zahlung in die Erhaltungsrücklage sofort im Zahlungsjahr als Werbungskosten abzugsfähig ist. |
Quelle | FG Nürnberg, Urteil vom 12.3.2024, Az. 1 K 866/23, Rev. BFH: Az. IX R 19/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 243896
Steuerfalle: Anteilige Immobilien-Schenkung ohne anteilige Übertragung des Finanzierungsdarlehens
| Überträgt der Steuerpflichtige schenkweise einen Miteigentumsanteil an einem Vermietungsobjekt, ohne auch die Finanzierungsdarlehen anteilig zu übertragen, kann er die Schuldzinsen nur noch anteilig entsprechend seinem verbliebenen Miteigentumsanteil abziehen. Diese steuerzahlerunfreundliche Sichtweise des Finanzgerichts Niedersachsen sollte insbesondere in Fällen der vorweggenommenen Erbfolge beachtet werden, um weiterhin den vollen Werbungskostenabzug für die Schuldzinsen zu erhalten. |
Sachverhalt |
Der Alleineigentümer (Vater) einer vermieteten Immobilie hatte einen ideellen 2/5-Miteigentumsanteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf seinen Sohn übertragen. Die Grundschuld wurde von dem Sohn entsprechend seinem Miteigentumsanteil zur dinglichen Haftung übernommen. Zu einer schuldrechtlichen Schuldübernahme bzw. einem Schuldbeitritt zur Darlehensschuld gegenüber der Bank kam es jedoch nicht.
In der Feststellungserklärung für die ab Juli 2019 bestehende Grundstücksgemeinschaft/Vermietungs-GbR wurden Darlehenszinsen in voller Höhe geltend gemacht. Diese berücksichtigte das Finanzamt allerdings nur zu 3/5 (= Anteil des Vaters). Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos. |
Das Finanzgericht Niedersachsen begründete seine restriktive Sichtweise u. a. wie folgt: Der Vater hat einen Miteigentumsanteil an der Mietimmobilie schenkweise und damit aus privaten, nicht mit der Einkünfteerzielung im Zusammenhang stehenden Gründen auf seinen Sohn übertragen.
Da das bei der Bank aufgenommene Darlehen der Finanzierung des gesamten Gebäudes diente, wurde mit der Übertragung eines Miteigentumsanteils auf den Sohn der Finanzierungszusammenhang des Darlehens mit dem Gebäude anteilig zu dem übertragenen Miteigentumsanteil gelöst.
Beachten Sie | Insoweit hat der Vater eine kreditfinanzierte Schenkung vorgenommen, was zur Folge hat, dass die Darlehenszinsen von ihm ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Werbungskosten abgezogen werden können. Ein Abzug beim Sohn kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil er die Darlehenszinsen weder gezahlt, noch der Bank geschuldet hat.
Das Finanzgericht Niedersachsen hat jedoch die Revision im Hinblick auf die Frage zugelassen, ob es gerechtfertigt ist, den Sachverhalt anders zu behandeln als bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Hier hatte der Bundesfinanzhof Folgendes ausgeführt:
Wird ein fremdfinanziertes Grundstück des Sonderbetriebsvermögens unter Zurückbehaltung der Darlehensverbindlichkeit unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft zum Buchwert übertragen, ist die Darlehensverbindlichkeit bei der anderen Mitunternehmerschaft als negatives Sonderbetriebsvermögen in voller Höhe zu erfassen. Die aufgewendeten Darlehenszinsen sind in voller Höhe als Sonderbetriebsaufwand abzugsfähig.
Beachten Sie | Da die Revision eingelegt wurde, hat der Bundesfinanzhof nun Gelegenheit, für Klarheit zu sorgen.
Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 13.12.2023, Az. 3 K 162/23, Rev. BFH: Az. IX R 2/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 243107; FG Niedersachsen, Urteil vom 13.12.2023, Az. 3 K 163/23, Rev. BFH: Az. IX R 3/24; BFH, Beschluss vom 27.4.2017, Az. IV B 53/16
Für Kapitalanleger
Fremdwährungskonten: Neue Meldepflichten der Banken bringen Anleger ggf. unter Zugzwang
| Währungsgewinne/-verluste aus der Veräußerung oder Rückzahlung einer verbrieften oder unverbrieften verzinslichen Kapitalforderung oder eines verzinslichen Fremdwährungsguthabens (verzinsliches Fremdwährungskonto) sind den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Diese neue Sichtweise des Bundesfinanzministeriums bedeutet im Kern Folgendes: Künftig müssen Banken bei Gewinnen aus verzinsten Fremdwährungsguthaben Abgeltungsteuer i. H. von 25 % einbehalten (unter Berücksichtigung eines ggf. erteilten Freistellungsauftrags) und dies in der Jahressteuerbescheinigung ausweisen. Die Zeit, als solche Konten häufig „unter dem Radar“ des Finanzamts liefen, ist damit vorbei. |
Bisherige Handhabung
Die Erträge aus der Kapitalanlage selbst unterliegen der Abgeltungsteuer i. H. von 25 %. Den Steuerabzug nimmt die Bank vor. Dies ist und bleibt auch so. Bei Währungsgewinnen/-verlusten aus verzinsten und nicht verzinsten Fremdwährungsguthaben verhält es sich aber anders. Diese unterliegen als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung, wenn sie innerhalb der einjährigen Haltefrist erzielt werden (ansonsten sind sie steuerfrei). Etwaige Gewinne unterliegen nicht der Abgeltungsteuer, sondern dem individuellen Steuersatz.
Beachten Sie | Gewinne bleiben steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 1.000 EUR betragen hat. Verluste können nur mit anderen positiven Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden.
MERKE | Weil die Banken für die vorgenannten steuerpflichtigen Währungsgewinne keinen Steuerabzug vornehmen, müssen Anleger diese eigenständig in ihrer Einkommensteuererklärung deklarieren. |
Neue Sichtweise
Mit Schreiben vom 19.5.2022 hat das Bundesfinanzministerium seine Sichtweise geändert. Danach sind Währungsgewinne aus verzinslichen Fremdwährungskonten nun den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Somit müssen die Banken etwaige Gewinne (unabhängig von der Haltedauer) der Abgeltungsteuer (25 %) unterwerfen.
Beachten Sie | Die neue Sichtweise gilt „nur“ für verzinste Fremdwährungsguthaben. Das heißt: Bei Währungsgewinnen/-verlusten aus der Veräußerung oder Rückzahlung einer unverbrieften und unverzinslichen Kapitalforderung oder eines unverzinslichen Fremdwährungsguthabens bleibt es bei der bisherigen Handhabung.
Zudem kann bei Fremdwährungsguthaben auf Zahlungsverkehrskonten (beispielsweise Girokonten, Basiskonten, Girocard), Kreditkarten und digitalen Zahlungsmitteln unterstellt werden, dass diese ausschließlich als Zahlungsmittel eingesetzt werden und keine Einkunftserzielungsabsicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen vorhanden ist. Eine Erfassung von Währungsgewinnen/-verlusten für Zahlungsmittel scheidet daher aus. Lediglich die mit diesen Fremdwährungsguthaben erzielten Zinsen unterliegen einer Besteuerung im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Übergangsregelung
Das vorgenannte Schreiben vom 19.5.2022 ist auf Kapitalerträge, die nach dem 31.12.2008 zufließen, sowie erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden. Für den Kapitalertragsteuerabzug wird es aber nicht beanstandet, wenn die neue Sichtweise zu den verzinslichen Fremdwährungskonten erst ab dem 1.1.2024 angewendet wird. Für die erstmalige Anwendung ist dabei auf den Anschaffungszeitpunkt der Kapitalforderung abzustellen.
Beachten Sie | Diese Übergangsregelung wurde durch das Bundesfinanzministerium jüngst um ein Jahr verlängert. Somit sind Banken spätestens ab 2025 dazu verpflichtet, die neue Sichtweise der Finanzverwaltung umzusetzen.
Handlungsempfehlungen
Durch den automatischen Steuerabzug der Banken und dem entsprechenden Ausweis in der Jahressteuerbescheinigung erfährt das Finanzamt nun auch von den in fremder Währung geführten verzinslichen Konten. Das heißt: Haben Kapitalanleger in der Vergangenheit keine Währungsgewinne in ihrer Einkommensteuererklärung als privates Veräußerungsgeschäft deklariert, aber bescheinigt die Bank ab 2025 entsprechende Vorgänge, dann kann es zu Rückfragen durch das Finanzamt kommen.
Doch was ist jetzt zu tun? Grundsätzlich gilt: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Deshalb kann es in einem ersten Schritt ratsam sein, zu prüfen, ob es in der Vergangenheit versäumt wurde, Währungsgewinne in der privaten Einkommensteuererklärung als privates Veräußerungsgeschäft zu deklarieren. Falls dies der Fall sein sollte, ist ggf. eine Nacherklärung angezeigt.
Quelle | BMF-Schreiben vom 19.5.2022, Az. IV C 1 – S 2252/19/10003 :009, Rn. 131 und 325; BMF-Schreiben vom 11.7.2023, Az. IV C 1 – S 2252/19/10003 :013, Rn. 325
Termingeschäfte: Beschränkung der Verlustverrechnung verfassungsrechtlich bedenklich
| Der Bundesfinanzhof hält die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte bei summarischer Prüfung für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar (Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz). Er hat in dem Verfahren daher Aussetzung der Vollziehung gewährt. |
Hintergrund
Verluste aus Kapitalvermögen unterliegen gewissen Abzugsbeschränkungen. So dürfen z. B. Verluste aus Aktienverkäufen ausschließlich mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 S. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG)).
Beachten Sie | Ob diese Regelung verfassungsgemäß ist, wird das Bundesverfassungsgericht klären müssen. Ein entsprechendes Verfahren ist bereits seit über drei Jahren anhängig.
Zudem gibt es eine Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften. § 20 Abs. 6 S. 5 EStG regelt hierzu Folgendes: Verluste aus Termingeschäften dürfen nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und solchen aus Stillhalterprämien, nicht aber mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ausgeglichen und verrechnet werden. Darüber hinaus sind der Verlustausgleich und die Verlustverrechnung (anders als bei Aktienverlusten) auch noch der Höhe nach auf jährlich 20.000 EUR beschränkt.
Beachten Sie | Die Regelung ist nur im Rahmen der Veranlagung der Kapitalerträge anzuwenden, nicht im Rahmen des Steuerabzugs.
Nicht ausgeglichene Verluste sind in die Folgejahre vorzutragen und dort jeweils i. H. von 20.000 EUR mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Einkünften aus Stillhalterprämien zu verrechnen.
Entscheidungen
In dem aktuellen Streitfall hat der Bundesfinanzhof Aussetzung der Vollziehung gewährt. Dabei stellte er Folgendes heraus: Bei hohen Verlusten besteht die Gefahr eines endgültigen Verlustuntergangs. So müsste ein Steuerpflichtiger zur Verrechnung eines Verlustes aus einem Termingeschäft i. H. von 1 Mio. EUR noch weitere 50 Jahre leben und in jedem dieser 50 Jahre hinreichende Gewinne aus Termingeschäften und Stillhalterprämien erzielen, um eine vollständige Verlustverrechnung zu erreichen.
Es handelt sich um einen Beschluss im Rahmen der summarischen Prüfung des Aussetzungsverfahrens. Allerdings hat auch das Finanzgericht Baden-Württemberg zu dieser Thematik entschieden und die Verlustverrechnungsbeschränkung als noch verfassungsgemäß angesehen. Hiergegen haben die Steuerpflichtigen die Revision eingelegt.
WICHTIG | Durch das Jahressteuergesetz 2024 soll die Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften und Forderungsausfällen in allen offenen Fällen aufgehoben werden (Zustimmung des Bundestags am 18.10.2024 in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung; Zustimmung des Bundesrats ist für den 22.11.2024 anvisiert). |
Quelle | BFH, Beschluss vom 7.6.2024, Az. VIII B 113/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242229; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.4.2024, Az. 10 K 1091/23, Rev. BFH: Az. VIII R 11/24
Für Unternehmer
Milchersatzprodukte: Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz
| Vegane Milchalternativen sind modern, aber meist teurer als Milch das gilt auch bei der Umsatzsteuer. Da sie pflanzlichen, nicht tierischen Ursprungs sind und auch nicht als Milchmischgetränke durchgehen, erfüllen sie nicht die Vorgaben für den ermäßigten Umsatzsteuersatz, vielmehr gilt der Regelsteuersatz von 19 %. Das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 14.3.2024, Az. 1 K 232/24) weist darauf hin, dass allenfalls der Gesetzgeber für eine ausdrückliche Ausnahme sorgen kann. |
Häusliches Arbeitszimmer: Abzugsfähige Betriebsausgaben nur bei Erfüllung der Aufzeichnungspflichten
| Die Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind bei einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, nur erfüllt, wenn sämtliche Aufwendungen einzeln fortlaufend in einem gesonderten Dokument oder Datensatz aufgezeichnet werden. Eine reine Belegsammlung mit Aufaddieren der Positionen nach Abschluss des Veranlagungszeitraums ist nicht ausreichend. Da der Bundesfinanzhof gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts Hessen kürzlich die Revision zugelassen hat, ist mit einer weiteren Präzisierung der Rechtsprechungsgrundsätze zu rechnen. |
Allgemeines
§ 4 Abs. 5 EStG schränkt den Abzug für gewisse Betriebsausgaben ein. So wirken sich z. B. Aufwendungen für Geschenke an Geschäftspartner und Kunden nur dann steuermindernd aus, wenn eine Grenze von 50 EUR eingehalten wird. Und auch für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer besteht eine Abzugsbeschränkung.
Darüber hinaus sind die Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 bis 4, 6b und 7 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Abs. 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie besonders aufgezeichnet sind.
Bei den Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG handelt es sich um eine zusätzliche materiell-rechtliche Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug. Bei Verstößen droht das Abzugsverbot. Dieses Abzugsverbot wird auch bei einer Gewinnermittlung per Einnahmen-Überschussrechnung so umgesetzt, dass die betroffenen Aufwendungen dem Gewinn als Betriebseinnahme hinzugerechnet werden.
Häusliches Arbeitszimmer
Nach Ansicht der Finanzverwaltung bestehen keine Bedenken, wenn die auf das Arbeitszimmer anteilig entfallenden Finanzierungskosten im Wege der Schätzung ermittelt werden und nach Ablauf des Wirtschafts- oder Kalenderjahrs eine Aufzeichnung aufgrund der Jahresabrechnung des Kreditinstituts erfolgt. Entsprechendes gilt für die verbrauchsabhängigen Kosten (z. B. Wasser- und Energiekosten). Es reicht aus, Abschreibungsbeträge einmal jährlich zeitnah nach Ablauf des Kalender- oder Wirtschaftsjahrs aufzuzeichnen.
MERKE | Beim Abzug der Jahrespauschale (1.260 EUR) bestehen die besonderen Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG nicht. |
Quelle | FG Hessen, Urteil vom 13.10.2022, Az. 10 K 1672/19, Rev. BFH: Az. VIII R 6/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242594; BMF-Schreiben vom 15.8.2023, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :027, Rz. 25 f.
Höhere Freigrenze bei Geschenken gilt auch bei der Umsatzsteuer
| Geschenke an Geschäftspartner und Kunden sind nur dann steuermindernde Betriebsausgaben, wenn eine Grenze eingehalten wird. Diese wurde mit Wirkung zum 1.1.2024 von 35 EUR auf 50 EUR erhöht. Diese Freigrenze gilt auch umsatzsteuerlich. Daher wurde der Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst. |
Hintergrund
Für den Vorsteuerabzug kommt es (wie beim Betriebsausgabenabzug) auf die Höhe der Aufwendungen der Geschenke für jeden einzelnen Empfänger im Jahr an. Das bedeutet: Übersteigen die Aufwendungen 50 EUR nicht, ist der Vorsteuerabzug nach den Maßgaben des § 15 Umsatzsteuergesetz zulässig.
Beachten Sie | Sind Unternehmen zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist die 50 EUR-Grenze eine Nettogrenze, ohne Vorsteuerabzugsberechtigung handelt es sich um eine Bruttogrenze.
Beispiel |
Geschäftsfreund A erhält von der B-GmbH ein Geschenk im Wert von 55 EUR (inklusive 19 % Umsatzsteuer). Ein weiteres Geschenk an A ist für 2024 nicht vorgesehen. Da die B-GmbH zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, sind die Kosten unter den weiteren Voraussetzungen als Betriebsausgaben abzugsfähig (55 EUR/1,19 = 46,22 EUR). |
Quelle | BMF-Schreiben vom 12.7.2024, Az. III C 3 – S 7015/23/10002 :001 zur Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Gewerbesteuer: Gewächshausbau und Pflanzenzucht keine eigenständigen Betriebe
| Wer neben dem Bau von Gewächshäusern Pflanzen züchtet und mit ihnen handelt, unterhält nach Auffassung des Finanzgerichts Münster unterschiedliche Betriebe. Dies hat zur Folge, dass für Zwecke der Gewerbesteuer Verluste aus der Pflanzenzucht nicht mit Gewinnen aus dem Gewächshausbau verrechnet werden können. |
Beim Gewächshausbau handelt es sich nach der Wertung des Finanzgerichts um eine gewerbliche und bei der Pflanzenzucht um eine land- und forstwirtschaftliche Betätigung. Beide Tätigkeiten sind auch nicht derart miteinander planvoll wirtschaftlich verbunden, dass sie als ein einheitlicher Gewerbebetrieb betrachtet werden können.
Beachten Sie | Die Pflanzenzucht ist auch keine bloße Hilfsbetätigung zum Gewächshausbau und sie ist auch nicht notwendig für die gewerbliche Tätigkeit, da auch Konkurrenzbetriebe nicht stets zusätzlich eine Pflanzenzucht betreiben.
Die Zusammenfassung mehrerer Betätigungen zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb erfordert allgemein einen sachlichen Zusammenhang finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Art zwischen den Betätigungen.
Bei gleichartigen gewerblichen Betätigungen gilt die Vermutung eines einheitlichen Gewerbebetriebs, es sei denn, es sprechen ausnahmsweise besondere Umstände des konkreten Einzelfalls dagegen. Bei ungleichartigen gewerblichen Betätigungen liegt dagegen nur ausnahmsweise ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor. Dies hat der Bundesfinanzhof im Jahr 2020 entschieden.
Dies gilt erst recht beim Zusammentreffen einer gewerblichen mit einer nicht gewerblichen Tätigkeit. Nur ganz ausnahmsweise bei einem untrennbaren Sachzusammenhang können solche Betätigungen zusammengefasst werden.
Quelle | FG Münster, Urteil vom 29.11.2023, Az. 13 K 986/21 G; BFH-Urteil vom 17.6.2020, Az. X R 15/18
Elektronische Kassensysteme: Meldepflicht startet ab 1.1.2025
| Nach der gesetzlichen Regelung des § 146a der Abgabenordnung (AO) müssen bestimmte elektronische Aufzeichnungssysteme (insbesondere elektronische Kassensysteme und Registrierkassen) ab dem 1.1.2020 über eine sogenannte zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Das Bundesfinanzministerium hat nun den Beginn der Mitteilungsverpflichtung nach § 146a Abs. 4 AO kommuniziert. |
Regelung des § 146a Abs. 4 AO |
Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems i. S. des § 146a Abs. 1 erfasst, hat dem Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung Folgendes mitzuteilen:
|
Das elektronische Mitteilungsverfahren wird ab dem 1.1.2025 über „Mein ELSTER“ und die ERiC-Schnittstelle zur Verfügung stehen. Die Mitteilung kann wie folgt vorgenommen werden:
- per Direkteingabe im ELSTER-Formular „Mitteilungsverfahren nach § 146a Abs. 4 AO“ auf www.elster.de,
- per Upload einer XML-Datei auf www.elster.de in MEIN ELSTER oder
- per Datenübertragung aus einer Software via der ERiC-Schnittstelle.
Die Mitteilung von vor dem 1.7.2025 angeschafften elektronischen Aufzeichnungssystemen i. S. des § 1 Abs. 1 S. 1 der Kassensicherungsverordnung ist bis zum 31.7.2025 zu erstatten.
Ab dem 1.7.2025 angeschaffte elektronische Aufzeichnungssysteme sind innerhalb eines Monats nach Anschaffung mitzuteilen. Dies gilt ebenfalls für ab dem 1.7.2025 außer Betrieb genommene elektronische Aufzeichnungssysteme. Dabei ist zu beachten, dass bei der Mitteilung der Außerbetriebnahme vorher die Anschaffung mitzuteilen ist.
Aufzeichnungssysteme, die vor dem 1.7.2025 außer Betrieb genommen wurden und im Betrieb nicht mehr vorgehalten werden, sind nur mitzuteilen, wenn die Meldung der Anschaffung zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt ist.
MERKE | Gemietete oder geleaste elektronische Aufzeichnungssysteme stehen angeschafften Systemen gleich. |
EU-Taxameter und Wegstreckenzähler
Das Bundesfinanzministerium geht in seinem Schreiben auch auf das Mitteilungsverfahren für EU-Taxameter und Wegstreckenzähler ein, das ebenfalls ab dem 1.1.2025 zur Verfügung steht.
Hier wird u. a. ausgeführt, dass von einer Mitteilung für solche EU-Taxameter und Wegstreckenzähler abzusehen ist, die ohne eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verwendet werden.
Beachten Sie | Dies gilt bis zur Implementierung der Sicherheitseinrichtung, längstens allerdings für den Zeitraum der Nichtbeanstandung, d. h., bis zum 31.12.2025.
PRAXISTIPP | Das Bundesfinanzministerium hat unter www.iww.de/s11221 einen Fragen-Antworten-Katalog veröffentlicht. Hier werden u. a. Fragen zum Kassengesetz, zur Belegausgabepflicht und zur technischen Sicherheitseinrichtung beantwortet. |
Quelle | BMF-Schreiben vom 28.6.2024, Az. IV D 2 – S 0316-a/19/10011 :009, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242593; BMF, FAQ unter www.iww.de/s11221
Richtsatzsammlung 2023 und Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben 2024
| Die Finanzverwaltung hat die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2023 und die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben 2024 bekanntgegeben. |
Richtsätze
Die Richtsätze wurden für die einzelnen Gewerbeklassen auf der Basis von Betriebsergebnissen vieler geprüfter Unternehmen ermittelt. Sie sind für die Verwaltung ein Hilfsmittel, um Umsätze und Gewinne zu verproben und ggf. bei Fehlen anderer geeigneter Unterlagen zu schätzen.
Wurden die Buchführungsergebnisse formell ordnungsgemäß ermittelt, darf eine Schätzung in der Regel nicht allein darauf gestützt werden, dass die erklärten Gewinne oder Umsätze von den Zahlen der Richtsatzsammlung abweichen. Ist die Buchführung aber nicht ordnungsgemäß, ist der Gewinn zu schätzen, unter Umständen unter Anwendung von Richtsätzen.
Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben
Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben bieten dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Sie entbinden ihn damit von der Aufzeichnung einer Vielzahl von Einzelentnahmen.
Diese Vereinfachungsregelung lässt keine Zu- und Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse (z. B. individuelle persönliche Ess- oder Trinkgewohnheiten, Krankheit oder Urlaub) zu.
Beachten Sie | Der jeweilige Pauschbetrag stellt einen Jahreswert für eine Person dar. Für Kinder bis zum vollendeten 2. Lebensjahr entfällt der Ansatz eines Pauschbetrags. Bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des jeweiligen Werts anzusetzen.
Quelle | BMF-Schreiben vom 17.9.2024, Az. IV D 3 – S 1544/19/10001 :011, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 243895
Inventur am 31.12.: Das muss nicht sein
| Das Jahresende steht vor der Tür und das heißt Inventurzeit. Denn in vielen Unternehmen erfolgt dann eine körperliche Bestandsaufnahme, oft am 31.12. Doch das ist nicht zwingend erforderlich, es gibt auch andere Möglichkeiten. |
Die handelsrechtliche Grundlage für die Inventur bildet § 240 Handelsgesetzbuch (HGB). Demnach hat jeder Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes und zum Schluss eines jeden Geschäftsjahrs ein Inventar aufzustellen. Ein Inventar ist ein vollständiges Verzeichnis aller Vermögenswerte und Schulden. Um dieses zu erstellen, sind zunächst die Bestände zu ermitteln, d. h., es ist eine Inventur durchzuführen.
Die Inventur hat grundsätzlich am Bilanzstichtag zu erfolgen (Stichtagsinventur). Handels- und steuerrechtlich wird es aber nicht beanstandet, wenn die Inventur innerhalb einer Frist von zehn Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag vorgenommen wird. Der am Tag der Inventur ermittelte Bestand muss in diesem Fall mengen- und wertmäßig auf den Stichtag fortgeschrieben bzw. zurückgerechnet werden.
Auch eine zeitverschobene (vor- oder nachgelagerte) Inventur ist zulässig (§ 241 Abs. 3 HGB). Hier muss die Bestandsaufnahme innerhalb von drei Monaten vor oder zwei Monaten nach dem Abschlussstichtag erfolgen. Dies erfordert aber einen relativ langen Zeitraum der Fortschreibung bzw. Rückrechnung.
Zudem gibt es zwei weitere Verfahren:
- Bei der permanenten Inventur nach § 241 Abs. 2 HGB erfolgt die Aufnahme nicht zu einem bestimmten Stichtag, sondern laufend. Jeder Vermögensgegenstand ist im Laufe eines Jahres mindestens einmal körperlich aufzunehmen.
- Bei der Stichprobeninventur (§ 241 Abs. 1 HGB) wird der Bestand mithilfe anerkannter mathematisch-statistischer Berechnungsmethoden ermittelt. Vorteil: Es müssen nicht alle Vermögensgegenstände körperlich aufgenommen werden. Nachteil: Komplexe Ermittlung und Dokumentation.
Die neue Wirtschafts-Identifikationsnummer
| Ab November 2024 wird die Wirtschafts-Identifikationsnummer jedem wirtschaftlich Tätigen durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) stufenweise ohne Antragstellung zugeteilt (Mitteilung des BZSt vom 12.8.2024). |
Die Wirtschafts-Identifikationsnummer dient als einheitliches und dauerhaftes Identifizierungsmerkmal und gilt zugleich als bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer nach dem Unternehmensbasisdatenregister. Durch sie sollen elektronische Datenverarbeitungen registerübergreifend verbessert und wirtschaftlicher gestaltet werden. Auf diese Punkte geht das BZSt unter www.bzst.de/widnr näher ein:
- Aufbau und Vergabe der Wirtschafts-Identifikationsnummer,
- Abgrenzung zur Steuernummer, Identifikationsnummer, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie zur bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer,
- Mitteilung der Wirtschafts-Identifikationsnummer,
- Informationen zum Datenschutz.
Einen Fragen-Antworten-Katalog finden Sie unter www.iww.de/s11451.
Wer bis Ende November 2024 noch keine Wirtschafts-Identifikationsnummer erhalten hat, hat dadurch keinen Nachteil. Denn eine Angabe in steuerlichen Erklärungsvordrucken ist bis zum Abschluss der erstmaligen Vergabe optional.
Quelle | BZSt online, unter www.iww.de/s11452
Partnerschaftsgesellschaft muss im Titel keinen Namen eines Partners mehr führen
| Nach dem neuen Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (hier: § 2 Abs. 1 PartGG), das 2024 in Kraft getreten ist, muss der Name der Partnerschaft nur noch den Zusatz „und Partner“ oder „Partnerschaft“ enthalten. Die Aufnahme des Namens mindestens eines Partners ist nicht mehr erforderlich (BGH, Beschluss v. 6.2.2024, Az. II ZB 23/22). |
Bestandskräftige Bescheide: Korrektur wegen Art und Weise der Aufzeichnungen
| Ermittelt ein Steuerpflichtiger seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung, ist die Art und Weise, in der er seine Aufzeichnungen geführt hat, eine Tatsache, die zur Korrektur eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids führen kann, wenn sie dem Finanzamt nachträglich bekannt wird. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden. |
Hintergrund: Ist die Rechtsbehelfsfrist von einem Monat abgelaufen, wird ein Steuerbescheid grundsätzlich bestandskräftig. Allerdings bestehen auch danach Berichtigungs- und Änderungsmöglichkeiten. Eine davon ist § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Hier heißt es: Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
Sachverhalt |
Ein Einzelhändler ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Das Finanzamt veranlagte ihn erklärungsgemäß (ohne Vorbehalt der Nachprüfung). Bei einer späteren Außenprüfung beurteilte das Finanzamt die Aufzeichnungen als formell mangelhaft und nahm eine Hinzuschätzung vor. Die bestandskräftigen Bescheide wurden nach Maßgabe des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert. |
Die Tatsache, ob und wie der Steuerpflichtige seine Bareinnahmen aufgezeichnet hat, ist rechtserheblich, wenn das Finanzamt bei deren vollständiger Kenntnis bereits im Zeitpunkt der Veranlagung zur Schätzung befugt gewesen wäre und deshalb eine höhere Steuer festgesetzt hätte.
Da eine Schätzungsbefugnis in bestimmten Fällen auch bei (nur) formellen Mängeln der Aufzeichnungen über Bareinnahmen besteht, muss das Finanzgericht nun im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Unterlagen Mängel aufweisen, die zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen führen.
Quelle | BFH-Urteil vom 6.5.2024, Az. III R 14/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242363; BFH, PM Nr. 30/24 vom 4.7.2024
Für GmbH-Gesellschafter
Inkongruente Gewinnausschüttungen: Finanzverwaltung folgt nun dem Bundesfinanzhof
| Der Bundesfinanzhof hatte der Finanzverwaltung mit Urteil vom 28.9.2022 widersprochen: Ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, unterliegt als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung. Das Bundesfinanzministerium wendet diese Rechtsprechung nunmehr an. |
Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums sind inkongruente also vom Anteil am Stammkapital einer GmbH abweichende Gewinnausschüttungen steuerlich grundsätzlich anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind. Dies ist insbesondere in folgenden Fällen gegeben:
Abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag
Es wurde im Gesellschaftsvertrag ein anderer Verteilungsmaßstab als das Verhältnis der Geschäftsanteile festgesetzt und die Ausschüttung entspricht diesem Verhältnis. Für eine nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrags zur Regelung einer inkongruenten Gewinnverteilung ist die Zustimmung derjenigen Gesellschafter erforderlich, die hiervon nachteilig betroffen sind.
Öffnungsklausel
Der Gesellschaftsvertrag enthält eine Klausel, nach der mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter eine von der satzungsmäßigen oder gesetzlichen Regelung abweichende Verteilung beschlossen werden kann. Der Beschluss wurde mit den erforderlichen Zustimmungen und der ggf. im Gesellschaftsvertrag bestimmten Mehrheit gefasst.
Punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss
Ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung, der von der Gesellschafterversammlung mit den Stimmen aller Gesellschafter gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, ist der Besteuerung zugrunde zu legen.
Ein derartiger Beschluss liegt vor, wenn sich seine Wirkung als Einzelakt erschöpft, sodass die Satzung zwar verletzt wird, aber nicht mit Wirkung für die Zukunft geändert werden soll.
MERKE | Ein satzungsdurchbrechender Gesellschafterbeschluss, der einen vom Satzungsinhalt abweichenden Zustand mit Dauerwirkung (sei es auch nur für einen begrenzten Zeitraum) begründet, ist selbst bei einem einstimmigen Beschluss nichtig, wenn bei der Beschlussfassung nicht alle Bestimmungen einer Satzungsänderung (insbesondere die notarielle Beurkundung und Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister) eingehalten werden. |
Zeitlich inkongruente Gewinnausschüttung
Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 28.9.2021 ist ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallene Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen.
Dies gilt auch dann, wenn zugleich die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden. Die Einstellung in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage führt auch bei einem beherrschenden Gesellschafter nicht zum Zufluss von Kapitalerträgen.
MERKE | Bei einer Aktiengesellschaft sind inkongruente Gewinnausschüttungen nur anzuerkennen, wenn in der Satzung ein vom Verhältnis der Anteile am Grundkapital abweichender Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt wurde und die Ausschüttung diesem Verhältnis entspricht. Eine inkongruente Gewinnausschüttung aufgrund einer Öffnungsklausel oder eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses erfüllen diese Voraussetzung nicht. |
Quelle | BMF-Schreiben vom 4.9.2024, Az. IV C 2 – S 2742/19/10004 :003, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 243964
Fremd-Geschäftsführer in der GmbH seiner Ehefrau ist sozialversicherungspflichtig
| Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden: Ist ein Geschäftsführer einer GmbH nicht am Gesellschaftskapital beteiligt, unterliegt er selbst dann der Sozialversicherungspflicht, wenn er die Geschäfte faktisch wie ein Alleininhaber führt. |
Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei dem Geschäftsführer einer GmbH in erster Linie danach, ob er nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben,
- der mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital hält oder
- bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag über eine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfügt.
MERKE | Hiervon kann auch bei Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen nicht abgesehen werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Betroffene faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führt, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hindern, er also „Kopf und Seele“ der Gesellschaft ist. So lautet die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. |
Im Streitfall war der Ehemann als Fremd-Geschäftsführer am Stammkapital der GmbH nicht beteiligt. Alleinige Gesellschafterin war seine Ehefrau, deren Weisungsrecht er unterlag. Dieses war weder aufgehoben noch eingeschränkt. Für das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen war es unerheblich, dass der Ehemann die Möglichkeit hatte, als Vermieter der Betriebsstätte und wesentlicher Betriebsmittel sowie als Darlehensgeber wirtschaftlichen Druck auf die GmbH auszuüben.
Quelle | LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.4.2024, Az. L 8 BA 126/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242634; BSG-Urteil vom 29.8.2012, Az. B 12 KR 25/10 R
Für Arbeitgeber
Freie Unterkunft und Verpflegung: Voraussichtliche Sachbezugswerte für 2025
| Die Sachbezugswerte für freie oder verbilligte Verpflegung und Unterkunft werden jährlich an die Entwicklung der Verbraucherpreise angepasst. Nach dem vorliegenden Entwurf mit der Zustimmung durch den Bundesrat ist wie in den Vorjahren zu rechnen soll der Sachbezugswert für freie Unterkunft 282 EUR monatlich betragen (in 2024 = 278 EUR). |
Der monatliche Sachbezugswert für Verpflegung soll in 2025 um 20 EUR auf 333 EUR steigen.
Beachten Sie | Aus dem monatlichen Sachbezugswert für Verpflegung abgeleitet, ergeben sich für 2025 die nachfolgenden Sachbezugswerte für die jeweiligen Mahlzeiten (Werte für 2024 in Klammern):
Frühstück:
- monatlich: 69 EUR (65 EUR)
- kalendertäglich: 2,30 EUR (2,17 EUR)
Mittag- bzw. Abendessen:
- monatlich: 132 EUR (124 EUR)
- kalendertäglich: 4,40 EUR (4,13 EUR)
Quelle | Entwurf der 15. Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung
Rechengrößen in der Sozialversicherung: Geplante Werte für 2025
| Die Rechengrößen der Sozialversicherung werden gemäß der Lohnentwicklung turnusgemäß angepasst und jährlich mittels Verordnung festgelegt. Nun liegt die Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2025 im Entwurf vor. |
Beachten Sie | Das Jahr 2024 ist das letzte Jahr mit unterschiedlichen Beitragsbemessungsgrenzen und Bezugsgrößen in den neuen und alten Bundesländern. Ab 2025 werden einheitliche Werte gelten.
Nachfolgend sind wichtige Rechengrößen auszugsweise aufgeführt:
- Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung: 8.050 EUR im Monat.
- Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung: 5.512,50 EUR im Monat.
- Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (sogenannte Jahresarbeitsentgeltgrenze): 6.150 EUR im Monat.
Quelle | BMAS, Entwurf der Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2025
Sozialversicherung: Kein Rabattfreibetrag für Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften
| Erhält ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, sind diese Vorteile steuerfrei, soweit sie den Rabattfreibetrag von 1.080 EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)). Das Landessozialgericht Bayern hat nun in einem Konzernfall über die Beitragspflicht von Warengutscheinen entschieden und herausgestellt, dass hinsichtlich des Arbeitgeberbegriffs keine unterschiedliche Beurteilung nach Steuer- und Beitragsrecht veranlasst ist. |
Arbeitgeber kann nur derjenige sein, der die Arbeitsverträge mit den Beschäftigten abgeschlossen hat. Dies entspricht auch dem Grundsatz, den der Bundesfinanzhof für das Steuerrecht aufgestellt hat.
Dieser hat es abgelehnt, den Begriff des Arbeitgebers über den Wortlaut hinaus extensiv auszulegen. Im Vorfeld der gesetzlichen Neuregelung wurde eine Konzernklausel diskutiert. Da sie aber nicht aufgenommen wurde, kann daraus geschlossen werden, dass sich die in der Begründung des Gesetzentwurfs vertretene Meinung durchgesetzt hat, nach der die Regelung des § 8 Abs. 3 EStG nicht für Waren und Dienstleistungen gelten soll, die nicht im Unternehmen des Arbeitgebers hergestellt, vertrieben oder erbracht werden. Es sollen weder Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften noch ein überbetrieblicher Belegschaftshandel steuerlich begünstigt werden.
Nach Ansicht des Landessozialgerichts hat das Unternehmen im Streitfall auch keinen so gewichtigen Beitrag geleistet, als dass es unter Anwendung des „erweiterten Hersteller-/Vertreiberbegriffs“ als Hersteller bzw. Vertreiber der Waren i. S. des § 8 Abs. 3 EStG angesehen werden kann. Somit handelt es sich bei den Warengutscheinen um Sachbezüge, für die Beiträge erhoben werden müssen.
Quelle | LSG Bayern, Urteil vom 6.6.2023, Az. L 7 BA 80/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240136; BFH-Urteil vom 26.4.2018, Az. VI R 39/16
Keine Pauschalierung der Lohnsteuer bei geringfügig beschäftigtem Alleingesellschafter-Geschäftsführer
| Die Voraussetzungen für die Annahme einer geringfügigen Beschäftigung beurteilen sich im Rahmen des § 40a Einkommensteuergesetz („Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte“) ausschließlich nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben. Ein GmbH-Alleingesellschafter-Geschäftsführer ist sozialrechtlich kein Beschäftigter, da er keiner Weisungsgebundenheit unterliegt. Folglich kann die Lohnsteuer hier nicht pauschaliert werden (FG Sachsen, Urteil vom 13.12.2022, Az. 3 K 524/22, rechtskräftig durch BFH, Beschluss vom 9.8.2023, Az. VI B 1/23). |
Gesamtübersicht über die Kaufkraftzuschläge
| Arbeitgeber, die Arbeitnehmer ins Ausland entsenden, können die höheren Lebenshaltungskosten durch Zahlung eines Kaufkraftzuschlags steuerfrei abgelten (§ 3 Nr. 64 Einkommensteuergesetz). Das Bundesfinanzministerium (Mitteilung vom 7.10.2024) hat nun die Gesamtübersicht über die Kaufkraftzuschläge zum 1.10.2024 (mit Zeitraum ab 1.1.2020) veröffentlicht. |
Inflationsausgleichsprämie muss nicht allen Arbeitnehmern ausgezahlt werden
| Die in § 3 Nr. 11c des Einkommensteuergesetzes geregelte Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie (vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 können bis zu 3.000 EUR gezahlt werden) sieht keine Regelung vor, dass die Prämie an alle Arbeitnehmer ausgezahlt werden muss. Somit ist der Arbeitgeber nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (Urteil vom 21.2.2024, Az. 8 Sa 564/23) grundsätzlich nicht daran gehindert, die Zahlung an weitere Bedingungen zu knüpfen. Im Streitfall war Bedingung, dass der Beschäftigte Teil der „active workforce“ ist, sodass z. B. Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit von der Prämie ausgeschlossen sind. |
Für Arbeitnehmer
Entfernungspauschale: Erhöhung nur ab dem 21. Kilometer ist nicht verfassungswidrig
| Für 2022 bis 2026 gilt ab dem 21. Entfernungskilometer eine erhöhte Entfernungspauschale i. H. von 0,38 EUR. Für die ersten 20 Kilometer erfolgte indes keine Anpassung (weiterhin 0,30 EUR). Dagegen hatte ein Arbeitnehmer geklagt. Denn wegen seiner geringen Entfernung (acht Kilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte) partizipierte er von der Erhöhung nicht. Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Denn das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20.3.2024, Az. 16 K 16092/23) hält die Neuregelung nicht für verfassungswidrig. Das Finanzgericht hatte jedoch die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Doch leider wurde sie nicht eingelegt, sodass das Urteil rechtskräftig ist. |
Wichtige Daten und Termine
Daten für die Monate 12/2024 bis 2/2025 Steuertermine/Beiträge Sozialversicherung/Verbraucherpreisindex
Steuertermine Fälligkeit: USt, LSt = 10.12.24, 10.1.25, 10.2.25 ESt, KSt = 10.12.24 GewSt, GrundSt = 17.2.25
Überweisungen (Zahlungsschonfrist): USt, LSt = 13.12.24, 13.1.25, 13.2.25 ESt, KSt = 13.12.24 GewSt, GrundSt = 20.2.25
Scheckzahlungen: Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen!
Beiträge Sozialversicherung
Fälligkeit Beiträge 12/24 = 23.12.24 Fälligkeit Beiträge 1/25 = 29.1.25 Fälligkeit Beiträge 2/25 = 26.2.25
Verbraucherpreisindex (Veränderung gegenüber Vorjahr)
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Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 03/2024:
Für alle Steuerpflichtigen
- Hochwasser: Steuerliche Entlastungen für die Betroffenen
- Steuertipps für Menschen mit Behinderung
- Bescheide: Wirksame Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten trotz Vollmachtswiderruf
- Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags löst keine Einkommensteuer aus
- FAQ zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung
- Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen
- Kosten für Präimplantationsdiagnostik abzugsfähig
- Keine Sonderausgaben: Vom Krankengeld einbehaltene Rentenversicherungsbeiträge
- Bundeseinheitlicher Anstieg der gesetzlichen Altersrenten ab 1.7.2024 um 4,57 %
- BAFA: Förderkompass 2024
- Grundsteuer im Bundesmodell: Erste Zweifel, aber noch keine Entscheidung über Verfassungsmäßigkeit
- Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024
- Elterngeld: Neuregelungen für Geburten ab 1.4.2024
- Kindergeld: Anspruch für Pflegeeltern erst ab dem Folgemonat
Für Vermieter
Für Kapitalanleger
Für Unternehmer
- Photovoltaikanlagen: Übersichtliche Darstellung
- Elektronische Rechnungen: Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums liegt im Entwurf vor
- Umsatzsteuersätze bei Hotelumsätzen: Nun ist der Europäische Gerichtshof gefragt
- Investitionsabzugsbetrag: Rückgängigmachung für eine nachträglich steuerbefreite Photovoltaikanlage
- Mehrergebnis durch Umsatzsteuer-Sonderprüfung 2023
- Erneuerung der Heizungsanlage: Kein Vorsteuerabzug bei einer Wohnraumvermietung
- Finanzverwaltung lockert Sichtweise bei falschem Steuerausweis in Rechnungen an Endverbraucher
- E-Bilanz: Aktualisiertes Datenschema veröffentlicht
Für GmbH-Gesellschafter
- Option zum Teileinkünfteverfahren: Nur im Jahr des Antrags müssen die Voraussetzungen vorliegen
- Ohne Zuwendungswillen gibt es keine verdeckte Gewinnausschüttung
Für Arbeitgeber
- Steuerfreie Zuschläge: Zwingend zwischen häuslicher Arbeit und Heimarbeit nach dem Heimarbeitsgesetz zu unterscheiden
- Mehrere Minijobs gleichzeitig: Diese Spielregeln sind zwingend einzuhalten
- Betriebsveranstaltungen: Zwei wichtige Urteile zur Lohnsteuerpauschalierung
Für Arbeitnehmer
- Kein Arbeitslohn: Kostenerstattungen eines kirchlichen Arbeitgebers für erweiterte Führungszeugnisse
- Keine ermäßigte Besteuerung: Kapitalauszahlung einer Rente
- Aktualisiertes Anwendungsschreiben zur Arbeitnehmer-Sparzulage
- Doppelte Haushaltsführung: Zweitwohnungsteuer fällt unter den Höchstbetrag von 1.000 EUR
Wichtige Daten und Termine
Für alle Steuerpflichtigen
Hochwasser: Steuerliche Entlastungen für die Betroffenen
| Durch die Unwetter mit Hochwasser in der Zeit von Ende Mai 2024 bis Anfang Juni 2024 sind in weiten Teilen Baden-Württembergs beträchtliche Schäden entstanden. Die Beseitigung dieser Schäden wird bei vielen Steuerpflichtigen zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Daher möchte das Finanzministerium Baden-Württemberg den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen entgegenkommen. |
Möglich sind u. a.
- die Anpassung steuerlicher Vorauszahlungen,
- die Stundung fälliger Einkommen-, Körperschaft- oder Umsatzsteuerbeträge und
- der Aufschub von Vollstreckungen.
Beachten Sie | Auch in anderen Bundesländern sind im Mai und Juni 2024 durch die Unwetter mit Hochwasser Schäden entstanden. Daher wurden auch für Bayern, Rheinland-Pfalz und das Saarland Katastrophenerlasse mit steuerlichen Erleichterungen veröffentlicht. Dabei ist zu beachten, dass einige Erlasse bereits aktualisiert wurden.
Quelle | Baden-Württemberg, Erlass mit Stand vom 20.6.2024; Saarland, Erlass mit Stand vom 1.7.2024; Rheinland-Pfalz, Erlass mit Stand vom 25.6.2024; Bayern, Erlass mit Stand vom 24.6.2024
Steuertipps für Menschen mit Behinderung
| Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat einen Steuerratgeber für Menschen mit einer Behinderung veröffentlicht (2. Auflage, Mai 2024; abrufbar unter: fm.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikationen). |
Der Gesetzgeber sieht für Menschen mit Behinderungen verschiedene steuerliche Entlastungen und Vergünstigungen vor. In dem Ratgeber werden die wichtigsten Vorschriften für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige in der Lohnsteuer, der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer dargestellt.
Bescheide: Wirksame Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten trotz Vollmachtswiderruf
| Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Verwaltungsakt auch wirksam bekannt gegeben ist, wenn er an einen zunächst wirksam bestellten Bevollmächtigten übersandt wird, dessen Vollmacht allerdings, wie dem Finanzamt erst kurz nach der Absendung des Verwaltungsakts angezeigt worden ist, bereits zuvor widerrufen worden war. |
Sachverhalt |
Die Klägerin (K) hatte nachdem ihr Einspruch gegen einen Steuerbescheid zurückgewiesen worden war Klage erhoben. Das Finanzamt hatte die Einspruchsentscheidung zunächst an den von der K benannten Bevollmächtigten gesandt, der diese an das Finanzamt zurückschickte und mitteilte, dass seine Vollmacht zwischenzeitlich widerrufen worden sei. Daraufhin wurde die Einspruchsentscheidung zeitnah an K gesandt, die jedoch erst Monate später selbst Klage erhob. |
Ob die Klage fristgerecht erhoben und zulässig war, hing davon ab, ob die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an den Bevollmächtigten wirksam war. Grundsätzlich kann die Bekanntgabe sowohl an den Steuerpflichtigen als auch an den Bevollmächtigten erfolgen. Letzteres gilt aber nur so lange, wie das Finanzamt von einer wirksamen Bevollmächtigung ausgehen darf.
Der Bundesfinanzhof bejahte eine wirksame Bekanntgabe an den ehemaligen Bevollmächtigten und sah die Klage der K als unzulässig an. Die Einspruchsentscheidung ist dem Bevollmächtigten wirksam bekannt gegeben worden, da das Finanzamt nach Aktenlage bis zur Absendung der Einspruchsentscheidung von einer wirksamen Vollmacht ausgehen durfte. Die Mitteilung des Widerrufs der Vollmacht, die erst nach der Absendung der Einspruchsentscheidung erfolgte, steht dem nicht entgegen, da für die wirksame Bekanntgabe an den Bevollmächtigten nur auf den Kenntnisstand des Finanzamts zum Zeitpunkt der Absendung abzustellen ist.
Quelle | BFH-Urteil vom 8.2.2024, Az. VI R 25/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241428; BFH, PM Nr. 24/24 vom 10.5.2024
Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags löst keine Einkommensteuer aus
| Der Bezug eines Nutzungsersatzes im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf löst keine Einkommensteuer aus. Diese frohe Kunde kommt vom Bundesfinanzhof. |
Sachverhalt |
Ehegatten schlossen 2008 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie ab. 2016 widerriefen sie den Darlehensvertrag unter Berufung auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Auf der Grundlage eines zivilgerichtlichen Vergleichs zahlte die Bank an die Eheleute Nutzungsersatz für bis zum Widerruf erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen i. H. von 14.500 EUR. Das Finanzamt erfasste den Nutzungsersatz als Einkünfte aus Kapitalvermögen allerdings zu Unrecht, wie nun der Bundesfinanzhof entschieden hat. |
Der Nutzungsersatz ist kein Kapitalertrag i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Rückabwicklung eines vom Darlehensnehmer widerrufenen Vertrags vollzieht sich außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre. Das Rückgewährschuldverhältnis ist ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln. Daher können die einzelnen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis auch nicht für sich betrachtet i. S. einer unfreiwilligen Kapitalüberlassung Teil einer steuerbaren erwerbsgerichteten Tätigkeit sein.
Beachten Sie | Es liegen auch keine sonstigen Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) vor.
MERKE | Die Entscheidung betrifft „alte“ Verbraucherdarlehensverträge. Der mit der Reform des Verbraucherschutzrechts in das BGB eingefügte § 357a Abs. 3 S. 1 BGB a. F. (jetzt § 357b BGB) hat u. a. den Anspruch des Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz für die Zukunft beseitigt. Die neue Rechtslage ist auf nach dem 12.6.2014 abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge anwendbar. |
Quelle | BFH-Urteil vom 7.11.2023, Az. VIII R 7/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240444; BFH, PM Nr. 16/24 vom 21.3.2024
FAQ zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung
| Für energetische Maßnahmen an einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten eigenen Gebäude ist nach § 35c des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine Steuerermäßigung möglich. Das Bundesfinanzministerium hat nun einen Fragen-Antworten-Katalog (FAQ) veröffentlicht (Stand: 15.2.2024; abrufbar unter www.iww.de/s10937). |
Das Bundesfinanzministerium gibt u. a. Antworten auf folgende Fragen:
- Was wird gefördert und wie hoch ist die steuerliche Förderung?
- Was sind die Voraussetzungen?
- Wer darf die energetischen Maßnahmen ausführen?
- Welche Alternativen gibt es zur steuerlichen Förderung?
Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen
| Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Unterhaltsleistungen nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn das Vermögen des Unterhaltsempfängers 15.500 EUR (Schonvermögen) nicht übersteigt. Zudem hat er klargestellt, dass die monatlichen Unterhaltsleistungen nicht in die Vermögensberechnung einzubeziehen sind. |
Sachverhalt |
Eltern machten Unterhaltszahlungen an den volljährigen Sohn (S), für den kein Kindergeldanspruch bestand, für den 1.1. bis 30.9.2019 (Studienabschluss) als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Bankkonto des S wies zum 1.1.2019 ein Guthaben (15.950 EUR) aus. Darin enthalten war eine Ende Dezember 2018 geleistete Unterhaltsvorauszahlung für Januar 2019 i. H. von 500 EUR.
Das Finanzamt lehnte den Abzug der Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen ab, da S über eigenes Vermögen verfüge, das die maßgebliche Grenze von 15.500 EUR überschreite. Die dagegen erhobene Klage war nicht erfolgreich, aber die Revision. |
Zunächst stellte der Bundesfinanzhof zwar fest, dass die seit 1975 unveränderte Höhe des Schonvermögens (15.500 EUR) nicht anzupassen ist. Dieses liegt 2019 noch deutlich oberhalb des Grundfreibetrags (9.168 EUR) und unterschreitet auch nicht das Vermögen, was das Zivil- und Sozialrecht dem Bedürftigen als „Notgroschen“ zugestehen.
Der Bundesfinanzhof folgte dem Finanzgericht aber nicht bei der Vermögensberechnung. Denn angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen werden grundsätzlich erst nach Ablauf des Jahres ihres Zuflusses zu (abzugsschädlichem) Vermögen. Die vorschüssige Zahlung für Januar 2019 gilt nach § 11 Einkommensteuergesetz erst in 2019 als bezogen und ist somit beim Vermögen zum 1.1.2019 nicht zu berücksichtigen. Zu diesem Zeitpunkt ist von einem (unschädlichen) Vermögen von 15.450 EUR auszugehen, das im Streitzeitraum auch nicht über 15.500 EUR angewachsen ist.
Quelle | BFH-Urteil vom 29.2.2024, Az. VI R 21/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242102; BFH, PM Nr. 28/24 vom 20.6.2024
Kosten für Präimplantationsdiagnostik abzugsfähig
| Aufwendungen einer gesunden Steuerpflichtigen für eine durch eine Krankheit des Partners veranlasste Präimplantationsdiagnostik (PID) können nach Ansicht des Bundesfinanzhofs als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein. |
Bei der PID handelt es sich um ein genetisches Diagnoseverfahren zur vorgeburtlichen Feststellung von Veränderungen des Erbmaterials, die eine Fehl- oder Totgeburt verursachen bzw. zu einer schweren Erkrankung eines lebend geborenen Kindes führen können. Es erfolgt eine Analyse von Zellen eines durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos vor seiner Übertragung und Einnistung in die Gebärmutter.
Sachverhalt |
Bei dem Partner der Steuerpflichtigen lag eine chromosomale Translokation vor. Es bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein auf natürlichem Weg gezeugtes gemeinsames Kind an schwersten körperlichen oder geistigen Behinderungen leidet und unter Umständen nicht lebensfähig ist. Daher wurde eine PID durchgeführt. Der Großteil der Behandlungen betraf die Steuerpflichtige, die den Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastungen beantragte. |
Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der Kosten ab. Das Finanzgericht Niedersachsen und der Bundesfinanzhof sahen das aber anders. |
Die Aufwendungen für die Behandlung der Steuerpflichtigen sind zwangsläufig entstanden, weil die Maßnahmen dem Zweck dienten, eine durch Krankheit beeinträchtigte körperliche Funktion ihres Partners auszugleichen. Wegen der biologischen Zusammenhänge konnte (anders als bei anderen Erkrankungen) durch eine medizinische Behandlung allein des erkrankten Partners keine Linderung eintreten. Daher steht der Umstand, dass die Steuerpflichtige selbst gesund ist, der Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen.
Beachten Sie | Unschädlich war auch, dass die Steuerpflichtige und ihr Partner nicht verheiratet waren.
Quelle | BFH-Urteil vom 29.2.2024, Az. VI R 2/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241432; BFH, PM Nr. 23/24 vom 10.5.2024
Keine Sonderausgaben: Vom Krankengeld einbehaltene Rentenversicherungsbeiträge
| Vom Krankengeld einbehaltene und abgeführte Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung können nicht als Sonderausgaben abgesetzt werden. Das Krankengeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt, ohne hiervon geleistete Vorsorgeaufwendungen abzuziehen. So lässt sich eine Entscheidung des Finanzgerichts Köln (25.5.2023, Az. 11 K 1306/20) zusammenfassen. |
Bundeseinheitlicher Anstieg der gesetzlichen Altersrenten ab 1.7.2024 um 4,57 %
| Die gesetzlichen Altersrenten wurden im Rahmen der jährlichen Rentenanpassung zum 1.7.2024 (erstmals bundeseinheitlich) um 4,57 % angehoben. Hiervon profitieren rund 21 Millionen Rentner. |
Die Rentenanpassung kann dazu führen, dass Rentner erstmals in die Steuerpflicht „rutschen“ und eine Steuererklärung abgeben müssen. Eine Steuerpflicht tritt aber nur ein, wenn der steuerpflichtige Teil der Jahresbruttorente zuzüglich weiterer Einkünfte (z. B. aus einer Vermietung) und unter Berücksichtigung etwaiger Freibeträge und sonstiger Abzugsbeträge den steuerlichen Grundfreibetrag übersteigt. Für das Jahr 2023 beträgt der Grundfreibetrag 10.908 EUR pro Jahr, für 2024 sind es aktuell 11.604 EUR. Bei einer steuerlichen Zusammenveranlagung von Eheleuten gelten die doppelten Werte.
Neben dem Grundfreibetrag spielt der Rentenfreibetrag eine wichtige Rolle: Das ist der Teil der Rente, der nicht versteuert wird. Entscheidend für den Rentenfreibetrag ist das Jahr des Rentenbeginns. Der Rentenfreibetrag ist ein fester Betrag, der in den Folgejahren für den Rentner unverändert bleibt. Die jährlichen Rentenerhöhungen, die im Laufe der Rente folgen, müssen in voller Höhe versteuert werden.
Beachten Sie | Der steuerpflichtige Teil der Rente aus einer Basisversorgung beträgt bei einem Rentenbeginn im Jahr 2005 oder früher 50 %. Der Besteuerungsanteil wird für jeden neuen Rentnerjahrgang sukzessive erhöht. Wer z. B. 2023 in Rente gegangen ist, dem steht nur noch ein Rentenfreibetrag von 17,5 % zu. Das bedeutet: 17,5 % der Rente bleiben steuerfrei und 82,5 % der Rente unterliegen der Besteuerung. Da der Besteuerungsanteil für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang ab 2023 um einen halben Prozentpunkt erhöht wird, gelten 100 % Besteuerungsanteil dann erstmals für 2058 (= Jahr des Rentenbeginns).
Quelle | Die Bundesregierung, Mitteilung vom 24.4.2024: „Renten steigen zum 1. Juli erneut deutlich“
BAFA: Förderkompass 2024
| Im Förderkompass 2024 bündelt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die wichtigsten Informationen zu den Förderprogrammen. Der Förderkompass richtet sich an kleine und mittlere Unternehmen, aber auch an Privatpersonen und Gemeinden. Wie 2023 stehen erneut die Bereiche Energie und Klimaschutz im Fokus. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.iww.de/s10773. |
Grundsteuer im Bundesmodell: Erste Zweifel, aber noch keine Entscheidung über Verfassungsmäßigkeit
| Der Bundesfinanzhof hat in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden. Danach müssen Steuerpflichtige unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Weil deswegen bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, war nicht mehr zu prüfen, ob die neue Grundsteuer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln unterliegt. |
In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die Bescheide waren auf der Grundlage des neuen Bundesmodells ergangen, das in mehreren Bundesländern (z. B. in Nordrhein-Westfalen) Anwendung findet.
Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab 2025 von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die für die Feststellung des Grundsteuerwerts maßgeblichen Vorschriften enthalten nicht zuletzt wegen der Neubewertung von über 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.
Das Finanzgericht hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsvorschriften und gewährte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die dagegen erhobenen Beschwerden des Finanzamts hat der Bundesfinanzhof als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Denn die Steuerpflichtigen müssen bei einer Verletzung des Übermaßverbots die Möglichkeit haben, einen niedrigeren Wert nachzuweisen auch wenn der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich geregelt hat.
Der Gesetzgeber verfügt gerade in Massenverfahren über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot kann aber verletzt sein, wenn sich der Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Dies setzt nach der Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt und dies war infolge der Besonderheiten in den Streitfällen nicht auszuschließen.
MERKE | Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts ist damit nicht verbunden. Es handelt sich „nur“ um Beschlüsse im Rahmen der summarischen Prüfung des Aussetzungsverfahrens. |
Quelle | BFH, Beschlüsse vom 27.5.2024, Az. II B 78/23 (AdV) und Az. II B 79/23 (AdV); BFH, PM Nr. 26/24 vom 13.6.2024
Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024
| Der Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024 liegt vor. Der 249 Seiten starke Entwurf stellt ein frühes Stadium im Gesetzgebungsverfahren dar, sodass noch einige Anpassungen erfolgen werden. Daher erfolgt nur ein kurzer Überblick über einige Vorhaben. |
Werden dem Arbeitnehmer (zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn) Leistungen aus einem Mobilitätsbudget bis zu 2.400 EUR p. a. gewährt, sollen Arbeitgeber eine Pauschalbesteuerung (25 %) vornehmen können. Mobilitätsbudget ist das dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellte Angebot zur Nutzung von außerdienstlichen Mobilitätsleistungen (z. B. E-Scooter). Da die kurzfristige und gelegentliche Bereitstellung verschiedener Mobilitätsformen im Fokus steht, ist die Möglichkeit zur dauerhaften Nutzung von Kraftfahrzeugen (z. B. auf Dauer ausgelegte Mietwagen-Modelle) vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.
Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen: Die zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister soll von 15 kW (peak) auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht werden. Es soll klargestellt werden, dass auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten (aber ohne Wohneinheiten) Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit begünstigt sind. Die Neufassung soll erstmals für Anlagen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.
§ 19 Umsatzsteuergesetz: Bei der Kleinunternehmerregelung sind etliche Änderungen geplant u. a. Erhöhung der Umsatzgrenzen von 22.000 EUR im vorangegangenen Jahr auf 25.000 EUR und im laufenden Jahr von 50.000 EUR auf 100.000 EUR (bei Überschreiten der 100.000 EUR: keine Kleinunternehmerregelung mehr ab diesem Zeitpunkt).
Es soll eine neue Rechnungspflichtangabe eingeführt werden, wenn der Aussteller der Ist-Versteuerung unterliegt. Für den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs soll unterschieden werden, ob sich dieser aus der Rechnung eines Soll-Versteuerers, eines Ist-Versteuerers oder aus einer Anzahlungsrechnung ergibt.
Quelle | Jahressteuergesetz 2024, Regierungsentwurf vom 5.6.2024
Elterngeld: Neuregelungen für Geburten ab 1.4.2024
| Für Geburten ab dem 1.4.2024 gilt eine neue Einkommensgrenze, ab der der Anspruch auf Elterngeld entfällt. Zudem wurden die Möglichkeiten für einen parallelen Bezug von Elterngeld neu gestaltet. Antworten auf wichtige Fragen gibt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (unter www.iww.de/s10727). |
Kindergeld: Anspruch für Pflegeeltern erst ab dem Folgemonat
| Der Kindergeldanspruch bestimmt sich nach dem Anspruchsberechtigten zum Monatsanfang. Das Kindergeld steht im Monat der Haushaltsaufnahme eines Pflegekindes noch den leiblichen Eltern zu und den Pflegeeltern erst ab dem Folgemonat. So lautet eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs. |
Sachverhalt |
Der Kläger und sein Lebenspartner nahmen das im November 2020 von einer obdachlosen Mutter zur Welt gebrachte Kind am 7.12.2020 in ihren Haushalt auf. Sie wurden dadurch zu dessen Pflegeeltern und bestimmten den Kläger zum Kindergeldberechtigten. Die Familienkasse gewährte ihm das Kindergeld ab Januar 2021, lehnte es aber für die Monate November und Dezember 2020 ab. Daher wurde ihm auch der Kinderbonus für 2020 versagt.
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte insofern Erfolg, dass die Familienkasse Kindergeld ab Dezember 2020 und auch den Kinderbonus zahlen sollte. Der Bundesfinanzhof sah das aber anders. |
Für die Beurteilung der Anspruchskonkurrenz sind die am Monatsanfang bestehenden tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich. Im Streitfall waren zu Beginn des Monats Dezember 2020 noch allein die leiblichen Eltern kindergeldberechtigt. Bei ihnen setzt der Kindergeldanspruch anders als bei Pflegeeltern keine Aufnahme des Kindes in ihren Haushalt voraus. Deshalb blieben sie gegenüber den erst im Laufe des Monats Dezember 2020 hinzugekommenen Pflegeeltern für diesen Monat vorrangig kindergeldberechtigt.
Der durch die Haushaltsaufnahme bei den Pflegeeltern am 7.12.2020 bewirkte Anspruchsvorrang des Klägers ist erst ab dem Folgemonat zu berücksichtigen, hier also ab Januar 2021. Deshalb schied auch der Anspruch des Klägers auf den Kinderbonus für das Jahr 2020 aus, da dieser einen Anspruch auf Kindergeld im Jahr 2020 vorausgesetzt hätte.
Quelle | BFH-Urteil vom 18.1.2024, Az. III R 5/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240144, BFH, PM Nr. 13/24 vom 7.3.2024
Für Vermieter
Abschreibungen: Kürzere Restnutzungsdauer eines Gebäudes durch sachverständige Schätzung
| Der Bundesfinanzhof hat sich erneut mit der Frage befasst, wie eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes (§ 7 Abs. 4 S. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG)) darzulegen ist und entschieden, dass sich der Steuerpflichtige jeder sachverständigen Methode bedienen kann, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. |
Bei Gebäuden sind als Abschreibungen grundsätzlich die in § 7 Abs. 4 S. 1 EStG genannten festen Prozentsätze von den Anschaffungskosten abzuziehen. Den Prozentsätzen liegt jeweils eine typisierte Nutzungsdauer zugrunde, die mit der tatsächlichen Nutzungsdauer im Erwerbszeitpunkt nichts gemein haben muss. Nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung können (Wahlrecht) anstelle dieser Abschreibungen die der tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes entsprechenden Abschreibungen vorgenommen werden.
Die Darlegungs- und Feststellungslast für eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer trägt der Steuerpflichtige, wobei diese zu schätzen ist. Dabei kann sich der Steuerpflichtige jeder sachverständigen Methode bedienen, die zur Führung des Nachweises geeignet erscheint. Die Einschränkungen, die das Bundesfinanzministerium im Schreiben vom 22.2.2023 macht, lassen sich, so der Bundesfinanzhof, dem Gesetz jedenfalls nicht in Gänze entnehmen. Vor allem die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer nach § 4 Abs. 3 der Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14.7.2021 ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode.
MERKE | Allerdings kann der Steuerpflichtige nicht allein durch eine schlichte Bezugnahme auf die modellhaft ermittelte Gesamt- sowie Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach Maßgabe der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer i. S. des § 7 Abs. 4 S. 2 EStG darlegen und nachweisen. Vielmehr bedarf es für die Schätzung der Nutzungsdauer einer sachverständigen Begutachtung, die sich insbesondere zu den individuellen Gegebenheiten des Objekts (zum Beispiel durchgeführte oder unterlassene Instandsetzungen oder Modernisierungen) verhält. |
Quelle | BFH-Urteil vom 23.1.2024, Az. IX R 14/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241431; BMF-Schreiben vom 22.2.2023, Az. IV C 3 – S 2196/22/10006: 005
Für Kapitalanleger
Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz: Finale Staatenaustauschliste 2024 liegt vor
| Nach den Vorgaben des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates automatisch ausgetauscht. Das Bundesfinanzministerium hat nun die Staatenaustauschliste 2024 bekannt gegeben. Enthalten sind die Staaten, mit denen der automatische Datenaustausch zum 30.9.2024 erfolgt. |
Weitere Informationen zum Informationsaustausch erhalten Sie u. a. auf der Webseite des Bundeszentralamts für Steuern (unter www.iww.de/s2991).
Beachten Sie | Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs verstößt der Finanzkonten-Informationsaustausch nicht gegen Grundrechte und ist verfassungsgemäß.
Quelle | BMF-Schreiben vom 13.6.2024, Az. IV D 3 – S 1315/19/10030 :067, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242216; BFH-Urteil vom 23.1.2024, Az. IX R 36/21
Für Unternehmer
Photovoltaikanlagen: Übersichtliche Darstellung
| Die neuen und alten Regelungen zur einkommen- und umsatzsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen sind äußerst komplex. Das Thüringer Finanzministerium hat nun in einer Mitteilung vom 24.4.2024 auf eine kompakte sechsseitige Übersicht hingewiesen (abrufbar unter: www.iww.de/s11066). |
Elektronische Rechnungen: Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums liegt im Entwurf vor
| Die elektronische Rechnung (kurz: E-Rechnung) ist beschlossene Sache. Sie wird dazu führen, dass Unternehmen ihre Prozesse ändern bzw. neu strukturieren müssen. Das Bundesfinanzministerium plant, hierzu ein Anwendungsschreiben zu veröffentlichen. Ein Entwurf (16 Seiten) wurde den Verbänden bereits am 13.6.2024 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt. Die endgültige Veröffentlichung des Schreibens ist für den Beginn des 4. Quartals 2024 geplant. Dennoch sollten sich Unternehmen bereits jetzt mit der Neuregelung befassen. |
Allgemeines und Übergangsregelungen
Durch das Wachstumschancengesetz (BGBl I 2024, Nr. 108) wurden die Regelungen zur Ausstellung von Rechnungen nach § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) für nach 2024 ausgeführte Umsätze neu gefasst. Kernpunkt der Neuregelung: Die obligatorische E-Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern (inländische B2B-Umsätze).
Beachten Sie | Ausgenommen sind Rechnungen über Leistungen, die nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei sind, sowie Rechnungen über Kleinbeträge bis 250 EUR (§ 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung [UStDV]) und Fahrausweise (§ 34 UStDV).
Da die Umsetzung einige Zeit beanspruchen wird, sind nach den Vorgaben des § 27 UStG Übergangsregeln nutzbar: Der allgemeine Übergangszeitraum beträgt zwei Jahre (Pflicht somit ab 2027). Drei Jahre gelten für Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von bis zu 800.000 EUR im Jahr 2026.
MERKE | Hinsichtlich des Empfangs einer E-Rechnung gilt keine Übergangsregelung, er ist somit vom 1.1.2025 an durch den Rechnungsempfänger zu gewährleisten. Hierfür reicht es aus, wenn der Empfänger ein E-Mail-Postfach zur Verfügung stellt. |
Beachten Sie | Weitere Informationen zu den Übergangsregeln sind im Entwurfsschreiben ab der Rz. 53 aufgeführt.
Verpflichtete Unternehmer, E-Rechnung und sonstige Rechnung
Unternehmer sind nach § 14 Abs. 2 UStG zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet, wenn der Umsatz nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei ist:
- a) für eine Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen,
- b) für eine Leistung an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist,
- c) für eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 S. 1 UStG) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen anderen als unter a) oder b) genannten Empfänger (Nichtunternehmer oder Unternehmer für dessen nichtunternehmerischen Bereich).
Beachten Sie | Bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ist regelmäßig eine E-Rechnung auszustellen. Dies ist der Fall, wenn sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässig sind.
Ist mindestens einer der beteiligten Unternehmer nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässig, besteht keine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung.
Bei den zuvor unter Buchstabe b) und c) genannten Fällen kann eine sonstige Rechnung (z. B. Papierrechnung) ausgestellt werden. Eine Ausstellung und Übermittlung als E-Rechnung oder als eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format ist in diesen Fällen nur mit der Zustimmung des Empfängers möglich.
Zulässige Formate
Das Bundesfinanzministerium widmet sich der Frage nach den zulässigen Formaten sehr ausführlich auf rund drei Seiten (Gliederungspunkt 2.3). Generell gilt: E-Rechnungen können sowohl in einem rein strukturierten als auch in einem hybriden Format erstellt werden.
Ein zulässiges elektronisches Rechnungsformat muss vor allem gewährleisten, dass die Rechnungspflichtangaben (§ 14 Abs. 4 UStG) elektronisch übermittelt und ausgelesen werden können. Die Verwendung von strukturierten Formaten, die auf der Norm EN 16931 beruhen, ist immer zulässig. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch andere Formate möglich.
Welches (zulässige) Format verwendet wird, ist eine zivilrechtliche Frage, die nur zwischen den Vertragsparteien zu entscheiden ist.
Umfang, Übermittlung und Empfang
Voraussetzung für eine E-Rechnung ist u. a., dass sie eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Dies bedeutet, dass für eine ordnungsmäßige Rechnung alle umsatzsteuerlichen Pflichtangaben (vgl. §§ 14, 14a UStG) im strukturierten Teil der E-Rechnung enthalten sein müssen.
Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung gilt, dass die im strukturierten Teil der E-Rechnung enthaltenen Angaben eine eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen müssen. Es können aber ergänzende Angaben in einem in die E-Rechnung integrierten Anhang aufgenommen werden.
Für die Übermittlung von E-Rechnungen kommen z. B. der Versand per E-Mail (Achtung: Eine PDF ist keine E-Rechnung), die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle oder die Möglichkeit des Downloads über ein (Kunden-)Portal in Betracht.
Beachten Sie | Die Übergabe der XML-Datei auf einem externen Speichermedium (z. B. USB-Stick) erfüllt nicht die Voraussetzungen der Übermittlung in elektronischer Form.
MERKE | Verweigert der Rechnungsempfänger die Annahme einer E-Rechnung bzw. ist er hierzu technisch nicht in der Lage, hat er kein Anrecht auf eine alternative Ausstellung einer sonstigen Rechnung. In diesem Fall gelten die umsatzsteuerlichen Pflichten des Ausstellers auch als erfüllt, wenn er eine E-Rechnung ausgestellt und sich nachweislich um eine ordnungsgemäße Übermittlung bemüht hat. |
Verträge als Rechnungen
Verträge sind als Rechnung anzusehen, soweit sie die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Angaben enthalten. Sofern eine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung bei einem Dauerschuldverhältnis (z. B. Mietverhältnis) besteht, ist es ausreichend, wenn für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung ausgestellt wird, welcher der zugrunde liegende Vertrag als Anhang beigefügt wird oder sich aus dem sonstigen Inhalt klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt.
Für Dauerschuldverhältnisse ist spätestens bis zum Auslaufen der vom Rechnungsaussteller angewendeten Übergangsregelung eine initiale E-Rechnung nach vorstehender Regelung zu erteilen. Dies gilt auch für Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2025 begründet worden sind.
Vorsteuerabzug
Bestand eine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung und wird stattdessen eine sonstige Rechnung ausgestellt, handelt es sich um keine ordnungsmäßige Rechnung. Folglich berechtigt die ausgestellte Rechnung dem Grunde nach nicht zum Vorsteuerabzug.
MERKE | Eine sonstige Rechnung kann durch eine E-Rechnung berichtigt werden. Diese muss durch eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine berichtigte Rechnung handelt. Eine solche Berichtigung wirkt unter den übrigen Voraussetzungen auf den Zeitpunkt der Ausstellung der sonstigen Rechnung zurück, auch wenn der Vorsteuerabzug zunächst nicht möglich war. |
Beachten Sie | Erfolgt keine Rechnungsberichtigung, kann auch aus einer sonstigen Rechnung unter Anlegung eines strengen Maßstabes ein Vorsteuerabzug möglich sein, sofern das Finanzamt über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug zu überprüfen.
Aufbewahrung
Der strukturierte Teil einer E-Rechnung ist so aufzubewahren, dass er in seiner ursprünglichen Form vorliegt und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden. Eine maschinelle Auswertbarkeit seitens der Finanzverwaltung muss sichergestellt sein.
Sofern in einem zusätzlichen übersandten Dokument Aufzeichnungen enthalten sind, die für die Besteuerung von Bedeutung sind (z. B. Buchungsvermerke), sind diese ebenfalls so aufzubewahren, dass sie in ihrer ursprünglichen Form vorliegen und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden.
Beachten Sie | Das vollständige Entwurfsschreiben können Sie unter www.iww.de/s11125 abrufen.
Quelle | BMF, Entwurfsschreiben, Az. III C 2 – S 7287-a/23/10001 :007, Stand: 13.6.2024
Umsatzsteuersätze bei Hotelumsätzen: Nun ist der Europäische Gerichtshof gefragt
| Der Bundesfinanzhof hat dem Europäischen Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Er möchte wissen, ob das gesetzliche Aufteilungsgebot für Beherbergungsleistungen rechtmäßig ist. Danach unterliegt die Übernachtungsleistung dem ermäßigten Umsatzsteuersatz i. H. von 7 %. Für Nebenleistungen, die nicht unmittelbar der Beherbergung dienen, gilt dagegen der Regelsteuersatz (19 %). In den drei Streitfällen ging es um Parkplatzgestellungen, Frühstücksleistungen, die Gestellung von Fitness- und Wellnesseinrichtungen sowie von W-LAN. |
Regelsteuersatz versus ermäßigter Steuersatz
Für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, greift die Umsatzsteuerermäßigung auf 7 %.
Beachten Sie | Dies gilt nach der gesetzlichen Regelung (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 Umsatzsteuergesetz) aber nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.
Bisher war der Bundesfinanzhof der Ansicht, dass das Aufteilungsgebot in Einklang mit dem Unionsrecht steht und dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung vorgeht, wonach eine (unselbstständige) Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt.
Ganz so sicher ist sich der Bundesfinanzhof aber infolge der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr. Deshalb hat er nun beim Europäischen Gerichtshof angefragt. Es ist zu hoffen, dass sich der Europäische Gerichtshof zeitnah und eindeutig äußern wird, damit zu dieser Frage (endlich) Rechtssicherheit besteht.
Quelle | BFH, Beschlüsse vom 10.1.2024, Az. XI R 11/23 (XI R 34/20), Az. XI R 13/23 (XI R 7/21), Az. XI R 14/23 (XI R 22/21)
Investitionsabzugsbetrag: Rückgängigmachung für eine nachträglich steuerbefreite Photovoltaikanlage
| Die Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen für die Anschaffung von ab dem Jahr 2022 steuerbefreiten Photovoltaikanlagen ist nicht zu beanstanden. So lautet ein Beschluss des Finanzgerichts Köln in einem Aussetzungsverfahren, der die Sichtweise des Bundesfinanzministeriums bestätigt. |
Hintergrund
Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurden Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage, die bisher zu steuerpflichtigen gewerblichen Einkünften führen konnten, unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 72 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei gestellt und zwar rückwirkend ab 1.1.2022.
Im Hinblick auf eine zu errichtende Photovoltaikanlage haben Steuerpflichtige jedoch im Rahmen ihrer Gewinnermittlungen bzw. Einkommensteuererklärungen für 2021 einen gewinnmindernden Investitionsabzugsbetrag gebildet. Nach Ansicht der Verwaltung sind diese Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 3 EStG durch Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für 2021 rückgängig zu machen. Ob dies rechtmäßig ist, ist derzeit umstritten.
Beschluss des Finanzgerichts Köln
In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat das Finanzgericht Köln nun die Auffassung des Bundesfinanzministeriums bestätigt u. a. soll eine verfassungswidrige Rückwirkung und eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes bereits wegen der begünstigenden Rechtsfolgen des § 3 Nr. 72 EStG ausgeschlossen sein.
Beachten Sie | Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, da der Steuerpflichtige Beschwerde eingelegt hat.
Quelle | FG Köln, Beschluss vom 14.3.2024, Az. 7 V 10/24, BFH: Az. III B 24/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240797; BMF-Schreiben vom 17.7.2023, Az. IV C 6 – S 2121/23/10001:001, Rz. 19
Mehrergebnis durch Umsatzsteuer-Sonderprüfung 2023
| Die in 2023 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfungen haben bei der Umsatzsteuer zu einem Mehrergebnis von rund 1,52 Mrd. EUR geführt. Die Ergebnisse aus der Teilnahme von Umsatzsteuer-Sonderprüfern an allgemeinen Betriebsprüfungen oder an den Prüfungen der Steuerfahndung sind in diesem Ergebnis nicht enthalten (Mitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 25.4.2024). |
Umsatzsteuer-Sonderprüfungen werden unabhängig vom Turnus der allgemeinen Betriebsprüfung und ohne Unterscheidung der Betriebsgröße vorgenommen. 2023 wurden 63.282 Umsatzsteuer-Sonderprüfungen durchgeführt.
Erneuerung der Heizungsanlage: Kein Vorsteuerabzug bei einer Wohnraumvermietung
| Schuldet der Vermieter von Wohnraum zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, stehen Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage jedenfalls dann im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat. Die Quintessenz aus dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs: Der Vermieter kann für die Heizungsanlage keinen Vorsteuerabzug beanspruchen. |
Hintergrund: Nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes ist der Vorsteuerabzug für Lieferungen und sonstige Leistungen ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.
Das Finanzgericht Münster hatte den Streitfall noch anders beurteilt und auf getrennte Leistungen abgestellt, nämlich einerseits steuerfreie Vermietungsleistungen und andererseits steuerpflichtige Energielieferungen.
Der Bundesfinanzhof lehnte den vom Vermieter begehrten Vorsteuerabzug aus dem Heizungsaustausch aber bereits deshalb ab, weil der Vermieter dort entsprechend den mietrechtlichen Rahmenbedingungen die Gestellung einer Wohnung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch d. h. einschließlich der Gestellung warmen Brauchwassers schuldete und die diesbezüglichen Zahlungen nicht als dem Mieter gesondert berechenbare Betriebskosten i. S. des § 556 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen waren.
Quelle | BFH-Urteil vom 7.12.2023, Az. V R 15/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240298
Finanzverwaltung lockert Sichtweise bei falschem Steuerausweis in Rechnungen an Endverbraucher
| Hat der Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, als das Umsatzsteuergesetz (UStG) hierfür vorsieht, schuldet er auch den Mehrbetrag (unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG). Bei dieser „Strafsteuer“ gab es bislang eine strenge Auslegung. Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs hat sich das aber nun geändert und das Bundesfinanzministerium zeigt sich in einem aktuellen Schreiben großzügiger. |
Bislang bestand eine Steuerschuld nach § 14c UStG unabhängig davon, ob der falsch ausgewiesene Steuerbetrag auch als Vorsteuer absetzbar ist. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Fall mit einem falschen Steuersatz aber entschieden, dass ein Steuerpflichtiger den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht schuldet, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Das Bundesfinanzministerium hat hierauf nun reagiert: Es entsteht keine Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG, wenn ein Unternehmer eine Leistung tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat.
Auch § 14c Abs. 2 S. 1 UStG (unberechtigter Steuerausweis) soll entfallen, wenn ein Kleinunternehmer eine Leistung ausgeführt und eine Rechnung mit einem Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat. Auf andere Fälle des § 14c Abs. 2 UStG (z. B. bei Scheinrechnungen) soll die einschränkende Auslegung aber nicht anzuwenden sein.
MERKE | Die Tatsache, dass die Rechnung an einen Endverbraucher ausgestellt worden ist, stellt eine den Steueranspruch einschränkende Tatsache dar, die durch den Unternehmer glaubhaft darzulegen bzw. plausibel zu begründen ist. |
Beachten Sie | Zu den Endverbrauchern zählt die Finanzverwaltung insbesondere Nichtunternehmer und Unternehmer, die nicht als solche handeln (insbesondere Unternehmer bei Leistungsbezug für ihren privaten Bereich oder für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne).
In Mischfällen, in denen die gleiche Leistung betreffende Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis sowohl an Endverbraucher als auch an Unternehmer für deren unternehmerischen Bereich erteilt wurden, sind die vorgenannten Grundsätze nur bezüglich der Rechnungserteilung an Endverbraucher anzuwenden. Es kann weder eine Schätzung noch eine Wahrscheinlichkeitsberechnung oder Ähnliches erfolgen.
Bei der Beurteilung, ob der Leistungsbezieher als Endverbraucher gehandelt hat, kann die Art der Leistung berücksichtigt werden. Zu Leistungen, die ihrer Art nach mit hoher Wahrscheinlichkeit für den privaten Gebrauch bestimmt sind, verweist das Bundesfinanzministerium auf seine Weisungen zu § 3a Abs. 1 UStG („Ort der sonstigen Leistung“). Dieser Leistungskatalog ist aber unbeachtlich, sofern im Einzelfall feststeht, dass die Leistung nicht an einen Endverbraucher erbracht wurde.
Ist bei einer Rechnung an Endverbraucher keine „§ 14c Steuer“ entstanden, ist aus Umsatzsteuersicht keine Rechnungsberichtigung mehr erforderlich.
MERKE | Nach Meinung der Finanzverwaltung ist es für die Steuerschuld nach § 14c UStG nicht ausschlaggebend, ob und ggf. inwieweit tatsächlich ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden ist. Daher entsteht die Steuer auch, wenn die Rechnung z. B. an einen Kleinunternehmer oder einen Unternehmer mit Ausgangsumsätzen, die den Vorsteuerabzug ganz oder teilweise ausschließen, erteilt worden ist. Denn auch in diesen Fällen ist ein Vorsteuerabzug (z. B. durch eine spätere Option zur Steuerpflicht) nicht gänzlich ausgeschlossen. Das hat das Finanzgericht Köln aber jüngst anders entschieden. Da die Revision anhängig ist, bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. |
Quelle | BMF-Schreiben vom 27.2.2024, Az. III C 2 – S 7282/19/10001 :002, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240327; FG Köln, Urteil vom 25.7.2023, Az. 8 K 2452/21, Rev. BFH: Az. V R 16/23
E-Bilanz: Aktualisiertes Datenschema veröffentlicht
| Unternehmen müssen den Inhalt der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermitteln. Das Bundesfinanzministerium hat nun das aktualisierte Datenschema der Taxonomien (Version 6.8) als amtlich vorgeschriebenen Datensatz veröffentlicht. Die aktualisierten Taxonomien stehen unter www.esteuer.de zur Ansicht und zum Abruf bereit. |
Die neuen Taxonomien sind grundsätzlich für die Bilanzen der Wirtschaftsjahre zu verwenden, die nach dem 31.12.2024 beginnen (Wirtschaftsjahr 2025 oder 2025/2026). Es wird aber nicht beanstandet, wenn diese auch für das Wirtschaftsjahr 2024 oder 2024/2025 verwendet werden.
Beachten Sie | Die Übermittlungsmöglichkeit mit diesen neuen Taxonomien wird für Testfälle voraussichtlich ab November 2024 gegeben sein; für Echtfälle ab Mai 2025.
Quelle | BMF-Schreiben vom 27.5.2024, Az. IV C 6 – S 2133-b/24/10001 :002, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 242215
Für GmbH-Gesellschafter
Option zum Teileinkünfteverfahren: Nur im Jahr des Antrags müssen die Voraussetzungen vorliegen
| Schüttet eine Kapitalgesellschaft Gewinne an den Gesellschafter aus, können diese unter gewissen Voraussetzungen nach dem Teileinkünfteverfahren besteuert werden. Der Bundesfinanzhof hat hierzu nun entschieden: Nach einer wirksamen erstmaligen Antragstellung sind die materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen (VZ) vom Finanzamt zu unterstellen. Diese müssen nur für das erste Antragsjahr vorliegen. |
Hintergrund
Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer (25 %); tatsächliche Werbungskosten sind nicht abziehbar. Es steht nur der Sparer-Pauschbetrag i. H. von 1.000 EUR (bei Zusammenveranlagung: 2.000 EUR) zur Verfügung.
Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht aber die Option, Gewinnausschüttungen nach dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG (progressiver Tarif) zu versteuern. Hier sind dann die tatsächlichen Werbungskosten anteilig abzugsfähig. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige im VZ, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar
- zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder
- zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann.
Der Antrag ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen VZ zu stellen. Er gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier VZ, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.
Entscheidung
Der Gesetzeswortlaut lässt den Schluss zu, dass die Antragsvoraussetzungen für den fortgeltenden Antrag in den Folgejahren vom Antragsteller zwar nicht erneut (aktiv) zu belegen sind, die Wahl des Teileinkünfteverfahrens aber nicht zulässig ist, wenn die Antragsvoraussetzungen nach dem Jahr der Antragstellung entfallen. Das ist die (bisherige) Sichtweise der Finanzverwaltung.
Der Bundesfinanzhof hat nun aber entschieden, dass die Antragsvoraussetzungen nur für das erste Antragsjahr vorliegen müssen. Der Wegfall in den folgenden vier VZ ist unerheblich.
Quelle | BFH-Urteil vom 12.12.2023, Az. VIII R 2/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240580
Ohne Zuwendungswillen gibt es keine verdeckte Gewinnausschüttung
| Eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter setzt einen Zuwendungswillen voraus und ein solcher kann aufgrund eines Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers fehlen. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist es insoweit maßgebend, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem Irrtum unterlegen ist, nicht hingegen, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre. |
Hintergrund: Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) handelt es sich vereinfacht um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern.
Sachverhalt |
Geklagt hatte eine GmbH, deren Stammkapital durch die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin u. a. durch die Einbringung einer Beteiligung von 100 % an einer weiteren GmbH erbracht werden sollte. Bei der einzubringenden GmbH wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die die Gesellschafter-Geschäftsführerin begünstigte. Das Finanzamt sah hierin eine vGA der GmbH an ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin. Dagegen argumentierte die GmbH, dass die Zuwendung an die Gesellschafter-Geschäftsführerin irrtümlich wegen eines Versehens bei der notariellen Beurkundung der Kapitalerhöhung erfolgt sei. |
Das Finanzgericht Schleswig-Holstein wies die Klage ab, weil einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter der von der GmbH dargelegte Irrtum nicht unterlaufen wäre. Der Bundesfinanzhof hat nun aber klargestellt, dass es für die Frage, ob der für die Annahme einer vGA erforderliche Zuwendungswille vorliegt, allein auf die Person der konkreten Gesellschafter-Geschäftsführerin ankommt. Er verwies den Streitfall deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das Finanzgericht zurück.
MERKE | In seiner Urteilsbegründung zum Vorliegen einer vGA führt der Bundesfinanzhof aber auch Folgendes aus: Der handelnde Gesellschafter muss nicht mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis handeln, er muss den Tatbestand der vGA nicht kennen und er muss das Geschehene auch nicht richtig würdigen. Vielmehr genügt in aller Regel ein persönlich zurechenbares Handeln.
Diese Grundsätze gelten aber nicht uneingeschränkt, da es zur Annahme einer vGA so wie bei einer offenen Gewinnausschüttung eines Zuwendungswillens bedarf. |
Quelle | BFH-Urteil vom 22.11.2023, Az. I R 9/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240822; BFH, PM Nr. 20/24 vom 11.4.2024
Für Arbeitgeber
Steuerfreie Zuschläge: Zwingend zwischen häuslicher Arbeit und Heimarbeit nach dem Heimarbeitsgesetz zu unterscheiden
| Bei Lohnsteuer-Außenprüfungen stoßen Prüfer immer häufiger auf Sachverhalte, in denen der Arbeitgeber im Rahmen einer Gehaltsumwandlung den Grundlohn abgesenkt und einen nach § 3 Nr. 30 und Nr. 50 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfreien Heimarbeiterzuschlag zur Abgeltung der mit der Heimarbeit verbundenen Aufwendungen (z. B. für Miete, Heizung und Beleuchtung der Arbeitsräume) bezahlt hat. Und hier ist Vorsicht geboten: Denn in vielen Fällen sind die Voraussetzungen für den steuerfreien Heimarbeiterzuschlag nach dem Heimarbeitsgesetz (HAG) nicht erfüllt. |
Informationen zum Heimarbeiterzuschlag enthält vor allem die Lohnsteuerrichtlinie 9.13. Hier heißt es in Abs. 2: „Lohnzuschläge, die den Heimarbeitern zur Abgeltung der mit der Heimarbeit verbundenen Aufwendungen neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind insgesamt aus Vereinfachungsgründen nach § 3 Nr. 30 und 50 EStG steuerfrei, soweit sie 10 % des Grundlohns nicht übersteigen.“
MERKE | Diese Steuerfreiheit gilt allerdings nur für Heimarbeiter i. S. des § 2 Abs. 1 HAG. Die steuerfreien Zuschläge können also nicht von Arbeitnehmern in Anspruch genommen werden, die ihre Tätigkeit seit der Coronapandemie (teilweise) im Homeoffice ausüben. |
Quelle | R 9.13 Abs. 2 Lohnsteuerrichtlinien; § 2 Heimarbeitsgesetz
Mehrere Minijobs gleichzeitig: Diese Spielregeln sind zwingend einzuhalten
| Grundsätzlich können mehrere geringfügige Beschäftigungen (Minijobs) gleichzeitig ausgeübt werden. Dabei sind jedoch einige Spielregeln zu beachten. Welche das sind, hat die Minijob-Zentrale zusammengestellt. |
Haben Arbeitnehmer keine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung, dann können sie mehrere Minijobs gleichzeitig ausüben. Die Summe aller Verdienste darf allerdings die Geringfügigkeitsgrenze (seit 1.1.2024: 538 EUR im Monat) nicht überschreiten.
Beachten Sie | Liegt der Verdienst mehrerer Minijobs zusammengerechnet über 538 EUR, werden alle Jobs sozialversicherungspflichtig. Die Folge: Alle Arbeitgeber müssen die Beschäftigungen nun bei der gesetzlichen Krankenkasse sozialversicherungspflichtig anmelden. Bei der Minijob-Zentrale gemeldete Beschäftigungen sind abzumelden.
MERKE | Arbeitnehmer mit einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung dürfen nur einen Minijob mit Verdienstgrenze ausüben. Kommen weitere Beschäftigungen hinzu, ist die zeitliche Reihenfolge entscheidend. Nur der erste Minijob bleibt bei der Minijob-Zentrale als Minijob gemeldet. Alle weiteren Minijobs müssen unabhängig von der Höhe des Verdienstes als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zur gesetzlichen Krankenkasse gemeldet werden. |
Beachten Sie | Arbeitgeber können zum Beispiel mit einem Personalfragebogen erfragen, ob ihre Beschäftigten bereits weitere Jobs ausüben. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sie sich zudem, Änderungen mitzuteilen. Das gilt auch für die Aufnahme weiterer Beschäftigungen. Den Personalfragebogen nehmen Arbeitgeber zu den Entgeltunterlagen.
Quelle | Minijob-Zentrale, Mitteilung vom 3.4.2024: „Mehrere Minijobs: Die wichtigsten Infos für Arbeitgeber & Beschäftigte“, unter www.iww.de/s10796
Betriebsveranstaltungen: Zwei wichtige Urteile zur Lohnsteuerpauschalierung
| Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist die pauschale Besteuerung (Steuersatz i. H. von 25 %) für Betriebsveranstaltungen auch zulässig für Veranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen. Nicht so erfreulich ist dagegen ein Urteil des Bundessozialgerichts, wonach die verspätete Pauschalbesteuerung nicht zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung führt. |
Hintergrund
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung) führen zu Arbeitslohn. Dies ist in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelt.
Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie jedoch nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn die Teilnahme allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Dies gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 und S. 4 EStG).
Urteil des Bundesfinanzhofs
Ungeklärt war bislang die Frage, ob eine „Betriebsveranstaltung“ auch bei einem geschlossenen Kreis (z. B. Führungskräftefeier) vorliegt. Dann kann zwar kein Freibetrag i. H. von 110 EUR gewährt werden, aber es wäre eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG mit 25 % möglich.
Diese Frage hat der Bundesfinanzhof nun zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Nach der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden Definition in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG kann eine Betriebsveranstaltung auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Und da diese Definition dem Tatbestandsmerkmal „Betriebsveranstaltung“ in § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG entspricht, ist eine pauschale Besteuerung möglich.
Urteil des Bundessozialgerichts
Das Bundessozialgericht musste sich mit der Frage befassen, welche Folgen eine verspätete Lohnsteuerpauschalierung für die Sozialversicherung hat.
Sachverhalt |
Ein Unternehmen feierte mit seinen Beschäftigten am 5.9.2015 ein Firmenjubiläum. Am 31.3.2016 zahlte es für September 2015 auf einen Betrag von rund 163.000 EUR die für 162 Arbeitnehmer angemeldete Pauschalsteuer. Nach einer Betriebsprüfung forderte der Rentenversicherungsträger von dem Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen i. H. von rund 60.000 EUR nach und zwar zu Recht, wie das Bundessozialgericht entschieden hat (die gegenteiligen Urteile der Vorinstanzen wurden aufgehoben). |
Aufwendungen von mehr als 110 EUR je Beschäftigten für eine betriebliche Jubiläumsfeier sind als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig, wenn sie nicht mit der Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden.
Es kommt entscheidend darauf an, dass die pauschale Besteuerung „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt. Dies wäre im Streitfall die Entgeltabrechnung für September 2015 gewesen. Tatsächlich wurde die Pauschalbesteuerung aber erst Ende März 2016 durchgeführt und damit sogar nach dem Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden musste.
MERKE | Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vertreten die Auffassung, dass eine nachträgliche Pauschalbesteuerung nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung geltend gemacht werden kann, also längstens bis zum 28.2. des Folgejahrs. Dem hat sich das Bundessozialgericht nun im Ergebnis angeschlossen. |
Quelle | BFH-Urteil vom 27.3.2024, Az. VI R 5/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241427; BSG-Urteil vom 23.4.2024, Az. B 12 BA 3/22 R, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241172, BSG, PM Nr. 15/24 vom 23.4.2024; Spitzenorganisationen der Sozialversicherung, Besprechungsergebnis vom 20.4.2016, TOP 5, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 230282
Für Arbeitnehmer
Kein Arbeitslohn: Kostenerstattungen eines kirchlichen Arbeitgebers für erweiterte Führungszeugnisse
| Der Bundesfinanzhof (Urteil vom 8.2.2024, Az. VI R 10/22) hat entschieden: Kostenerstattungen eines kirchlichen Arbeitgebers an seine Beschäftigten für die Erteilung erweiterter Führungszeugnisse, zu deren Einholung der Arbeitgeber zum Zwecke der Prävention gegen sexualisierte Gewalt kirchenrechtlich verpflichtet ist, führen nicht zu Arbeitslohn. |
Keine ermäßigte Besteuerung: Kapitalauszahlung einer Rente
| Die Auszahlung einer Direktversicherung nach Ausübung eines vertraglich eingeräumten Kapitalwahlrechts unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts Münster ist allerdings die Revision anhängig. |
Sachverhalt |
Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige mit ihrem damaligen Arbeitgeber die Umwandlung eines Teils ihres Gehalts in Beiträge zu einer Direktversicherung nach dem Betriebsrentengesetz vereinbart. Daraufhin schloss der Arbeitgeber für die Steuerpflichtige eine solche Versicherung mit einer Beitragszahlungsdauer von 14 Jahren ab. Es sollte eine lebenslange monatliche Rente gezahlt werden oder auf Antrag eine einmalige Kapitalabfindung erfolgen.
Im Streitjahr 2019 übte die Steuerpflichtige das Kapitalwahlrecht aus und erhielt ca. 44.500 EUR. Diesen Betrag behandelte das Finanzamt als steuerpflichtige Rente und besteuerte ihn mit dem regulären Steuersatz. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos. |
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten können als außerordentliche Einkünfte in Betracht kommen, die ermäßigt zu besteuern sind (Fünftel-Regelung). Da es im Streitfall aber an dem Tatbestandsmerkmal der Außerordentlichkeit fehlte, kam keine ermäßigte Besteuerung in Betracht.
Im Hinblick auf die Kapitalauszahlung von Renten kam es nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausschließlich auf die vertragliche Vereinbarung an (keine ermäßigte Besteuerung, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war). In späteren Entscheidungen hat es der Bundesfinanzhof jedoch vielmehr für maßgeblich gehalten, ob das Kapitalwahlrecht nur in atypischen Einzelfällen tatsächlich ausgeübt wird, wofür statistisches Material ausgewertet werden muss.
Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht Münster die Revision mit folgendem Wortlaut zugelassen: „Dem Bundesfinanzhof ist Gelegenheit zu geben, über die Ausschärfung der Kriterien zur Bestimmung der Atypik bei Kapitalauszahlungen von Renten erneut zu entscheiden, da er bei seinen bisherigen Entscheidungen (irrtümlich) davon ausgegangen ist, dass statistisches Material über die Häufigkeit der Ausübung von Kapitalwahlrechten verfügbar ist.“
MERKE | Da die Steuerpflichtige die Revision eingelegt hat, können geeignete Fälle mit einem Einspruch bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs offengehalten werden. |
Quelle | FG Münster, Urteil vom 24.10.2023, Az. 1 K 1990/22 E, Rev. BFH: Az. X R 25/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 238312
Aktualisiertes Anwendungsschreiben zur Arbeitnehmer-Sparzulage
| Mit der Neufassung des Fünften Vermögensbildungsgesetzes (5. VermBG) wurde die Einkommensgrenze bei der Arbeitnehmer-Sparzulage auf 40.000 EUR bzw. bei der Zusammenveranlagung auf 80.000 EUR angehoben. Die erhöhten Einkommensgrenzen gelten erstmals für vermögenswirksame Leistungen, die nach 2023 angelegt werden. Das Bundesfinanzministerium (Schreiben vom 31.5.2024, Az. IV C 5 – S 2439/19/10003 :005) hat nun zur Anwendung des 5. VermBG unter Berücksichtigung der gesetzlichen Änderungen Stellung genommen. |
Doppelte Haushaltsführung: Zweitwohnungsteuer fällt unter den Höchstbetrag von 1.000 EUR
| Im Rahmen einer inländischen doppelten Haushaltsführung ist der Werbungskostenabzug von Unterkunftskosten auf 1.000 EUR monatlich beschränkt. Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass unter diesen Höchstbetrag auch eine für die Wohnung am Beschäftigungsort zu entrichtende Zweitwohnungsteuer fällt. |
Hintergrund: Bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung können Arbeitnehmer Unterkunftskosten nur bis maximal 1.000 EUR im Monat als Werbungskosten abziehen. Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen, wie beispielsweise Miete, Betriebskosten sowie Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft; nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist.
Sachverhalt |
Eine Arbeitnehmerin hatte an ihrem Tätigkeitsort in München eine Zweitwohnung angemietet. Die hierfür in den Streitjahren entrichtete Zweitwohnungsteuer i. H. von 896 EUR bzw. 1.157 EUR machte sie neben weiteren Kosten für die Wohnung i. H. von jeweils mehr als 12.000 EUR als Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in München jeweils mit dem gesetzlichen Höchstbetrag von 12.000 EUR an. Die Zweitwohnungsteuer bei den sonstigen Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigte das Finanzamt jedoch nicht.
Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Leider hat der Bundesfinanzhof die Vorentscheidung nun aber aufgehoben. |
Die Zweitwohnungsteuer ist Aufwand für die Nutzung der Unterkunft und unterfällt daher bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Abzugsbeschränkung.
Das Entstehen der Zweitwohnungsteuer knüpft maßgeblich an das Innehaben einer weiteren Wohnung in München neben der Hauptwohnung und so an die damit regelmäßig einhergehende Nutzung dieser Wohnung an. Die Steuer findet als örtliche Aufwandsteuer i. S. von Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes ihre Rechtfertigung darin, dass das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ein Zustand ist, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln (Einkommen) erfordert und damit regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers zum Ausdruck bringt.
Beachten Sie | Der Bundesfinanzhof hat damit die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung bestätigt. Noch nicht höchstrichterlich entschieden und derzeit beim Bundesfinanzhof anhängig ist die Frage, wie Kosten für einen separat angemieteten Stellplatz zu behandeln sind.
Quelle | BFH-Urteil vom 13.12.2023, Az. VI R 30/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240677; BFH, PM Nr. 18/24 vom 4.4.2024; Stellplatz: Rev. BFH unter Az. VI R 4/23
Wichtige Daten und Termine
Daten für die Monate 9/2024 bis 11/2024 Steuertermine/Beiträge Sozialversicherung/Verbraucherpreisindex
Steuertermine Fälligkeit: USt, LSt = 10.9.24, 10.10.24, 11.11.24 ESt, KSt = 10.9.24 GewSt, GrundSt = 15.11.24
Überweisungen (Zahlungsschonfrist): USt, LSt = 13.9.24, 14.10.24, 14.11.24 ESt, KSt = 13.9.24 GewSt, GrundSt = 18.11.24
Scheckzahlungen: Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen!
Beiträge Sozialversicherung
Fälligkeit Beiträge 9/24 = 26.9.24 Fälligkeit Beiträge 10/24 = 29.10.24 (bzw. 28.10.24 für Bundesländer, in denen der Reformationstag ein gesetzlicher Feiertag ist) Fälligkeit Beiträge 11/24 = 27.11.24
Verbraucherpreisindex (Veränderung gegenüber Vorjahr)
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